Diabetischer Fuß: Informationen und Arzt finden

16.01.2023
Dr. med. Wolfram Wenz
Medizinischer Fachautor

Unter diabetischem Fuß versteht man verschiedene Wunden und Gewebeschädigungen am Fuß eines Diabetikers. Menschen mit Diabetes mellitus können gut mit ihrer Erkrankung leben, wenn sie gut mit Insulin eingestellt sind. Eine schlechte Einstellung schädigt dagegen die Blutgefäße und Nerven. So können kleine Verletzungen am Fuß zu Wunden und sonstigen Schäden des Gewebes führen.

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie Ärzte, die einen diabetischen Fuß behandeln.

ICD-Codes für diese Krankheit: E10.74, E10.75, E11.74, E11.75, E12.74, E12.75, E13.74, E13.75, E14.74, E14.75

Empfohlene Ärzte für die Behandlung des diabetischen Fußes

Artikelübersicht

Wie entwickelt sich ein diabetischer Fuß?

In Deutschland leben derzeit etwa 8 Millionen Zuckerkranke. Ein Drittel von ihnen hat schlecht durchblutete Beine. Ca. eine Million Diabetiker haben ein großes Risiko für offene Wunden bzw. leiden bereits an offenen Fußverletzungen.

Das Problem „diabetischer Fuß“ ist weit verbreitet. Das zeigt, dass Diabetiker nicht in jedem Fall die Richtlinien für ihre Erkrankung befolgen.

Der diabetische Fuß tritt vor allem bei langjährig schlecht eingestelltem Diabetes auf. Der konstant hohe Blutzuckerspiegel schädigt Nerven und Blutgefäße in den Füßen. Er kann außerdem neuropathische Schmerzen auslösen.

Erste Anzeichen für einen drohenden diabetischen Fuß sind meist Durchblutungs- und Empfindungsstörungen. Das Immunsystem ist ebenfalls geschwächt. So können bereits kleinste Verletzungen zu größeren Entzündungen führen.

Das typische Bild des diabetischen Fußes gibt es eigentlich nicht. Diabetiker können somit oft kaum erkennen, ob sie gefährdet sind oder nicht. Das Krankheitsbild ist äußerst vielgestaltig und reicht vom Fußpilz bis zu großen Geschwüren. Etwa ein Viertel aller Diabetiker leidet zudem bereits bei Diagnosestellung durch den Arzt an einem diabetischen Fuß.

Schlecht heilende Wunden am Fuß sollten immer als Warnsignal dienen. Wird ein diabetischer Fuß zu spät behandelt, droht häufig die Amputation des Fußes oder zumindest einiger Zehen.

Diabetiker müssen deshalb ganz besonders auf ihre Fußpflege achten.

Wichtige Risikofaktoren für den diabetischen Fuß sind neben dem schlecht eingestellten Insulin z. B.

  • eine Nephropathie mit vermindertem Schmerzempfinden,
  • diabetische Geschwüre an den Füßen,
  • Barfußlaufen,
  • ungeeignetes Schuhwerk sowie
  • mangelnde oder falsch ausgeführte Fußpflege.

Formen des diabetischen Fußsyndrom und deren Symptome

Patienten mit diabetischem Fuß haben sehr oft bereits eine eingeschränkte Sensibilität am betroffenen Bein.

Bei der Entstehung eines diabetischen Fußes unterscheidet man grundsätzlich zwei Formen. Die spätere Behandlung richtet sich nach der Art des diabetischen Fußes.

Neuropathisch-infizierter Fuß: Diese Form entsteht aufgrund einer Mangelversorgung von Nerven und deren Schädigung. Bei etwa 70 % aller Fälle des diabetischen Fußes kommt dieser Typus vor.

Ischämisch-gangröser Fuß: Diese Form entsteht durch arterielle Durchblutungsstörungen. Das Gewebe stirbt großflächig ab. 20 - 30 % der Patienten mit einem diabetischen Fuß sind von dieser Form betroffen.

Schwierig wird es, wenn Mischformen auftreten. Das ist bei bis zu einem Drittel der Diabetiker der Fall. Bei ihnen bildet sich ein diabetischer Fuß durch eine Kombination einer Polyneuropathie und der Durchblutungsstörung des Fußes.

Diabetischer Fuß
Diabetiker sind sehr anfällig für Durchblutungsstörungen, die insbesondere zu Geschwüren an den Füßen führen können © H. Brauer | AdobeStock

Der neuropathische Fuß

Alles beginnt mit übermäßig trockener Haut. Diese ungewöhnliche Trockenheit des Fußes ist ein typisches frühes Warnzeichen für einen neuropathischen Fuß. Starke Schwielen und Druckstellen sind ein weiterer Hinweis für diese Art diabetischer Fuß.

Gleichzeitig kommt zu diesen Symptomen meist Gefühllosigkeit hinzu. Durch die langsame Zerstörung der Nerven durch den Diabetes sind selbst tiefe offene Geschwüre nicht schmerzhaft. Die Betroffenen merken oft nicht, dass sie verletzt sind, oder verdrängen die Wunde.

Eine frühzeitige Aufklärung über die Gesundheitsgefahren sollte deshalb für Diabetiker ein wichtiger Bestandteil der Therapie sein. Eine gründliche Fußinspektion ist das einzige Mittel, um den neuropathischen Fuß schnellstmöglich und sicher zu erkennen.

Nicht alle Bestandteile des klinischen Bildes müssen auftreten. Zusammenassend zeichnet sich der neuropathische diabetische Fuß durch diese Symptome aus:

  • ungewöhnliche Trockenheit des Fußes als vorher auftretendes Warnzeichen
  • schmerzlose Verletzungen
  • verminderte Sensibilität
  • Geschwüre an den Fußsohlen
  • warme Füße
  • tastbare Fußpulse
  • Schwielen
  • lokale Wassereinlagerungen (Ödeme)
  • Begleitinfektionen

Für eine erfolgreiche Heilung reinigt der Arzt die Wunden gründlich und befreit sie von nekrotischem Gewebe. Damit sich die Wunde nicht entzündet, kommt häufig ein Silber-Aktivkohle-Verband zum Einsatz. Unterstützend wirkt zudem eine systemische Antibiotikatherapie.

Je nachdem, wie schwer das umliegende Gewebe geschädigt ist, sind oft auch operative Maßnahmen nicht ausgeschlossen. Dazu gehört, abgestorbenes Knochengewebe zu entfernen oder aber Minor-Amputationen, also eine kleine Amputation bis unterhalb des Knöchels.

Ischämisch-gangränöser Fuß

Anders als der neuropathische Fuß ist ein ischämisch-gangränöser Fuß immer sehr schmerzhaft. Die meisten Patienten haben bei der Diabetes-Diagnose bereits periphere Durchblutungsstörungen. Dadurch wird der Fuß nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und das Gewebe stirbt ab.

Der ischämisch-gangränöse Fuß ist gekennzeichnet durch

  • Sauerstoffmangel infolge Durchblutungsstörungen sowie
  • einen ernsten Gewebeuntergang.

Starke Schmerzen auch bei kleineren Anstrengungen sind ein erstes Indiz auf die Erkrankung. Ischämisch-gangränöse Füße treffen häufig

Die bedeutsamsten Kennzeichen sind:

  • blasse, blau verfärbte und kalte Füße,
  • sehr schmerzhafte Verletzungen,
  • fehlende Fußpulse
  • normal sensible Füße,
  • größere Gewebsuntergänge (Nekrosen), zuerst an den Zehen.

Wie wird ein „diabetischer Fuß“ diagnostiziert?

Der Arzt führt zunächst eine Patientenbefragung (Anamnese) und eine körperliche Untersuchung durch. Dabei fallen in der Regel

  • ein überwärmter Fuß, Schwellungen, Schmerzen,
  • Formabweichungen des Fußes,
  • hervorstehende Knochen (z. B. Hallux),
  • Druckstellen bis hin zu Geschwüren,
  • Knochen-Fehlstellungen in den Fußgelenken und
  • ausgekugelte Gelenke und Verschiebung von Knochenteilen

auf.

Rötungen in der Umgebung der Wunde deutet auf eine Entzündung hin und muss mittels geeigneter Laboruntersuchungen abgeklärt werden. Röntgenaufnahmen helfen dem Arzt im Detail, das Fußskelett zu betrachten.

Der diabetische Fuß ist häufig durch Entzündungsmarker charakterisiert. Bei schlecht eingestellten Diabetikern finden sich häufig erhöhte Blutzuckerwerte. Eine Blutuntersuchung ist daher ein wichtiger Hinweisgeber.

Behandlung des diabetischen Fußsyndroms

Das diabetische Fußsyndrom (DFS) muss in jedem Fall von einem erfahrenen Team in einer Fußambulanz behandelt werden. Ein solches Team setzt sich aus

zusammen. Meist lässt sich mit ihrer Hilfe eine Behandlungsstrategie entwickeln, mit der sich die gefürchtete Amputation vermeiden lässt.

Amputationen infolge eines diabetischen Fußes steigen in letzter Zeit an:

  • im Jahr 2001: rund 29.000 Amputationen,
  • im Jahr 2003: rund 40.000 Amputationen,
  • inzwischen sind es bereits 62.000 im Jahr.

Die Polyneuropathie wird i.d.R. gemeinsam von Diabetologen und Neurologen behandelt.

Finden sich bereits geringe Fehlstellungen ohne Schwielen, verordnet der behandelnde Arzt „diabetesadaptierte Schuhe“. Solche Schuhe bieten mehr Platz für die Zehen und haben zusätzlich Weichpolstereinlagen, um Druckstellen zu vermeiden.

Bei Fehlstellungen der Fußknochen oder auch Geschwüren wird der Fuß durch weitere Maßnahmen im Schuh stabilisiert.

Bei schlecht heilenden Wunden kann zunächst ein Verbandsschuh oder ein Spezialgips helfen. Sollten die Wunden auch nach zwei Monaten nicht verheilen, muss eine operative Korrektur des Fußes in Betracht gezogen werden.

Operative Korrekturen

Die Operation soll in erster Linie die Fehlstellung und somit den Knochendruck beseitigen, die zur Wunde geführt haben. Wie bei der Operation der Hammerzehe werden auch beim diabetischen Fuß z. B. Sehnen versetzt, um die Fehlstellung auszugleichen.

Bei besonders weit fortgeschrittenen Fehlstellungen und bei schweren Entzündungen müssen meist einige Knochen teilweise entfernt werden.

Entzündungen sind die größte Gefahr beim diabetischen Fuß.

Infektionen des diabetischen Fußsyndroms

Schwere und langwierige oder häufig wiederkehrende Infektionen am diabetischen Fuß sind oft nur durch eine Amputation in den Griff zu bekommen. Dennoch gibt es für sehr viele Fälle auch andere Behandlungen, die in erster Linie den Fuß erhalten sollen.

Leichte Infektionen ohne Gewebeuntergang (Nekrose) sind behandelbar, indem der Fuß stillgelegt und mit Antibiotika behandelt wird. Bei fortschreitender Entzündung ist es notwendig, den Infektionsherd auszuräumen und notfalls Fußteile zu amputieren.

Je später eine Therapie eingeleitet wird, desto größer wird der Gewebeschaden sein und desto mehr Gewebe muss entfernt werden

Nach der Behandlung des diabetischen Fußes

Um weitere Folgeerkrankungen zu vermeiden, muss der Patient sehr schnell nach der Operation wieder mobilisiert werden.

Zur Unterstützung der Wundheilung müssen Diabetiker nach einer erfolgreichen Operation lernen, ihren Blutzucker richtig einzustellen. Außerdem sollten sie sich viel bewegen.

Vorbeugung eines diabetischen Fußes: Prophylaxemöglichkeiten

Wer einige einfache Regeln beachtet, senkt sein Risiko für die Bildung eines diabetischen Fußes erheblich. Mit den folgenden Maßnahmen aus Hygiene, Vorsorge und Alltagsverhalten schrumpft das persönliche Risiko:

  • Verzichten Sie aufs Rauchen.
  • Meiden Sie starke Hitze.
  • Tragen Sie warme Socken gegen kalte Füße. Verwenden Sie keine Wärmflasche oder Heizkissen. Die Neuropathie könnte die Hitzeempfindung stören, sodass schwere Verbrennungen drohen.
  • Das Innere der Schuhe muss stets glatt und weich sein. Überprüfen Sie das täglich, um Wunden und Druckstellen zu vermeiden.
  • Socken sollten guten Sitz- und Tragekomfort haben.
  • Schuhe ohne Strümpfe sind tabu.
  • Neue Schuhe müssen immer bequem sitzen.
  • Der Fußrist ist häufig Angriffsort für falsch geschnürte Schnürsenkel. Binden Sie die Schnürsenkel nicht kreuzweise. Das vermindert den Druck auf den Fußrist.
  • Kein Barfußlaufen, da die Verletzungsgefahr zu groß ist.
  • Füße und Zehenzwischenräume täglich auf Blasen, Risse und Kratzer untersuchen. Auch die Fußsohlen gehören dazu; ein Spiegel kann helfen.
  • Zehen sind täglich zu waschen und gut zu trocknen, um Pilzinfektionen vorzubeugen.
  • Die Haut eincremen ist hilfreich, aber nicht zwischen den Zehen.
  • Verwenden Sie ein Thermometer, um die Wassertemperatur in einem Fußbad richtig einzuschätzen.
  • Chemie gegen Hornschwielen oder Hühneraugen ist tabu.
  • Beim Nagelschneiden immer gerade abschneiden. Gerade beim Nagelschneiden kann es schnell zu Verletzungen kommen, die Sie aufgrund der bestehenden Neuropathie im diabetischen Fuß nicht bemerken. Die Fußpflege gehört deshalb in die Hände eines/einer Fußpfleger/in. Weisen Sie darauf hin, dass Sie als Diabetiker unter Durchblutungsstörungen leiden, und lassen Sie Ihre Füße regelmäßig auch ärztlich untersuchen.

Verletzungen am Fuß erfordern bei Diabetes tägliche Wundkontrolle durch einen Arzt. Heilt die Verletzung nicht ab oder entzündet sie sich, gehen Sie schnell zum Arzt.

Diabetes kann verschiedene Organe betreffen. In einer diabetologischen Schwerpunktpraxis werden Diabetiker umfassend und kompetent betreut. Hier ist das notwendige Know-how gebündelt, um Ihnen mit einem großen Expertenwissen zur Seite zu stehen und Sie gegebenenfalls an andere Fachleute weiterzuleiten.

Fazit: Diabetischer Fuß - bei frühzeitiger Behandlung ist Heilung möglich

Chronische Wunden und andere Formveränderungen an den Füßen können schwere Komplikationen eines Diabetes mellitus darstellen. Bei etwa einem Viertel aller Diabetiker entsteht im Laufe des Lebens ein Fußgeschwür. Auch heute noch hält sich der Volksglaube, dass solche Geschwüre nicht mehr verheilen würden. In der Tat ist es so, dass sie länger brauchen, um wieder abzuheilen und es teilweise zu Komplikationen kommen kann.

Wird optimal therapiert und werden alle heute verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten eingesetzt, ist ein „diabetischer Fuß“ heilbar. Das gilt möglicherweise auch für bereits seit Jahren bestehende Wunden.

Für den Erfolg kommt es jedoch auch auf die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit des medizinischen Teams an.

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