Knieprothesenlockerung: Infos & Spezialisten für Knieprothesenlockerung

07.04.2022
Prof. Dr. med. Steffen Höll
Medizinischer Fachautor

Die meisten Knieprothesen halten mindestens 10 bis 15 Jahre. Jedoch kann sich die Prothese im Laufe der Zeit aufgrund verschiedener Faktoren lockern. Wenn die Knieprothese nicht mehr fest mit dem Knochen verankert ist, spricht man von einer Prothesenlockerung. Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Spezialisten und Zentren für Knieprothesenlockerungen.

ICD-Codes für diese Krankheit: T84.05

Empfohlene Spezialisten

Artikelübersicht

Definition

In Deutschland wurden 2019 etwa 190.000 künstliche Kniegelenke (auch Knieendoprothesen oder Knie-TEP genannt) implantiert. Die meisten künstlichen Kniegelenke halten mindestens zehn bis 15 Jahre.

Es kann jedoch vorkommen, dass die Verankerung einzelner Komponenten einer Knieprothese im Knochen nachlässt. Es kommt dann zu einer sogenannten Knieprothesenlockerung.

Von einer Frühlockerung der Kniegelenkendoprothese spricht man bei einer Lockerung innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Knie-TEP-OP.

Vor 20 Jahren mussten noch etwa acht Prozent der Knieendoprothesen ausgewechselt werden (Revisionsoperation oder Wechseloperation). 2017 waren es noch etwa sechs Prozent.

Eingesetzte Knieendoprothese
Knieendoprothesen hervorgehoben im Röntgenbild © Joel bubble ben | AdobeStock

Formen der Knieprothesenlockerung

Knieprothesenlockerungen können grundsätzlich in zwei Formen unterschieden werden.

  • Septische Knieprothesenlockerung: Eine bakterielle Infektion (= septisch, Sepsis) im Bereich des Implantats führt zur Lockerung der Prothese.
  • Aseptische Knieprothesenlockerung: Alle Formen von Lockerungen, bei denen keine bakterielle Infektion (= aseptisch) ursächlich ist.

Septische Knieprothesenlockerungen treten vor allem in den Wochen und Monaten nach der Implantation der Knie-TEP auf. Sie können aber auch noch nach Jahren auftreten. Aseptische Lockerungen finden sich insbesondere bei Knieprothesen bei einer Standzeit von mehr als zwei Jahren.

Symptome bei einer Lockerung der Knieendoprothese

In der Regel haben die Patienten zu Beginn der Knieprothesenlockerung keine und nur geringe Beschwerden im Knie. Gelegentlich können die Knieschmerzen aber auch plötzlich einsetzen.

Im Laufe der Zeit nehmen die meist belastungsabhängigen Schmerzen zu und die maximal zurücklegbare Gehstrecke nimmt ab. Auslöser für die Schmerzen kann auch eine Krafteinwirkung auf das Knie sein, etwa

  • eine Verdrehung im Knie oder
  • ein Schlag oder Sturz auf das Knie.

Manche Patienten spüren auch einen lokalen Schmerz an der Stelle, an der das Implantat am Knochen befestigt ist. Häufig zum Beispiel am Schienbein unterhalb des Knies.

Ein geschwollenes Knie oder ein Erguss im Kniegelenk können zusätzlich auftreten.

Knieschmerzen
Knieschmerzen sind ein sehr häufiges Symptom bei der Knieprothesenlockerung © Csaba Deli | AdobeStock

Bei einer septischen Ursache kann das Knie gerötet und überwärmt sein. Gegebenenfalls tritt Eiter aus der sich unter Umständen auseinander weichenden Narbe aus. Es kann sich auch Fieber mit Schüttelfrost entwickeln.

Mit fortschreitender Lockerung und Symptomatik ist die Beweglichkeit im Kniegelenk reduziert. Unter Umständen hinkt der Patient und Treppensteigen ist deutlich erschwert.

In späteren Stadien treten die Schmerzen auch in Ruhe auf. Die Gefahr, dass Knochenbrüche im Bereich der Prothese auftreten, nimmt bei ausgeprägten Lockerungen zu.

Zusätzlich kann es zu Kniefehlstellungen kommen (X-Beine, O-Beine).

Ursachen und Risikofaktoren

Als mögliche Gründe für eine Knieprothesenlockerung kommen zum Beispiel infrage:

  • Bakterielle Infektionen, die sich durch Einschleppen von Bakterien entwickeln.
  • Knieendoprothesen bestehen aus Metalllegierungen und Polyethylen. Durch den Abrieb von Polyethylen kann sich direkt und indirekt der Knochen im Bereich der Prothese auflösen. Dies wird auch als Partikelkrankheit oder abriebbedingte Osteolyse bezeichnet
  • Arthrofibrose, das heißt eine übermäßige Bildung von Bindegewebszellen (Vernarbungen) im Kniegelenk nach der TEP-OP
  • Fehlausrichtung oder Fehlpositionierung von einzelnen Komponenten der Prothese
  • Lösen der Befestigung der Prothese
  • Instabiles Kniegelenk durch eine ungenügende Funktionalität des Streckapparats
  • Periprothetische Frakturen, das heißt Knochenbrüche im Bereich der Prothese
  • Schäden oder Verletzungen an der Patella oder dem Patellaersatz

Risikofaktoren einer septischen Knieprothesenlockerung

Es gibt verschiedene Umstände, bei denen die Immunabwehr entweder nicht mehr richtig arbeitet oder unterdrückt ist. Ein ungenügend funktionierendes Immunsystem kann eindringende Bakterien nicht mehr so gut bekämpfen. Die Erreger haben es dann leichter sich zu vermehren und so eine Infektion an Prothese hervorzurufen.

Zu den Risikofaktoren für eine septische Knieprothesenlockerung gehören zum Beispiel:

Risikofaktoren einer aseptischen Knieprothesenlockerung

  • Höheres Lebensalter
  • Starkes Übergewicht
  • Probleme mit Prothesenmaterial, dem Knochenzement sowie der Technik, wie die Prothese implantiert und befestigt ist. Dies kann sowohl bei Metallimplantaten wie auch bei solchen aus Polyethylen auftreten
  • Geringe Erfahrung des Operateurs beim Einsetzen des künstlichen Kniegelenks, indem beispielsweise ein zu großes oder zu kleines Implantat gewählt, die Stabilität nicht richtig eingestellt oder nicht korrekt zementiert wurde
  • Durch Osteoporose oder Knochennekrose vorgeschädigter Knochen
  • Vorerkrankungen (Diabetes, Gicht, Rheuma, Arthrose etc.)
  • Traumatische Ereignisse, wie zum Beispiel Unfall oder Sturz
Osteoporose
Osteoporose (zu geringe Knochendichte, wie rechts zu sehen) kann Anlass für eine Knierevision sein © crevis | AdobeStock

Untersuchung und Diagnose

Knieschmerzen führen die Betroffenen früher oder später zum Arzt. Anhand der Beschwerden und des Gangbilds sowie der Krankengeschichte besteht häufig schon der Verdacht, dass die Beschwerden auf die Knieprothese zurückzuführen sind. Der Arzt befragt den Patienten zum Beispiel

  • wann die Knie-TEP-OP stattgefunden hat,
  • welche Vorerkrankungen bestehen und
  • ob traumatische Einwirkungen aufgetreten sind.

Um eine septische Ursache auszuschließen, werden ein kleines Blutbild erstellt und der CRP-Wert im Blut bestimmt. Über eine Gelenkpunktion wird Flüssigkeit aus dem Gelenk entnommen und im Labor untersucht. Gegebenenfalls liefert eine Gewebeprobe aus dem Bereich um die Prothese herum weitere Erkenntnisse.

Das wichtigste bildgebende Verfahren ist die Röntgenuntersuchung des Knies. Bei der Auswertung der Röntgenaufnahme achtet der Arzt auf typische Lockerungszeichen. Um Veränderungen besser zu erkennen, werden Aufnahmen, die zu verschiedenen Zeitpunkten gemacht wurden, miteinander verglichen.

Hinweise auf eine Prothesenlockerung sind beispielsweise

  • Zementbrüche,
  • Knochenbrüche,
  • Implantatbrüche,
  • Lageveränderungen der Prothese,
  • Knochenveränderungen,
  • Abrieb der Gleitpartner und
  • Achsveränderungen.

Auch die Computertomografie (CT) und die Skelettszintigrafie können wichtige Hinweise auf die Ursache der Beschwerden geben.

Allgemeines zur Behandlung

Hat sich ein eine Knieendoprothese gelockert, muss eine Knierevision (Wechseloperation der Knieprothese) durchgeführt werden. Das heißt, die Prothese wird entnommen und durch eine neue Prothese (sogenannte Revisionsendoprothese) ersetzt.

Die Entnahme (Explantation genannt) der alten und das Einsetzen der neuen Prothese findet in der Regel während eines einzigen operativen Eingriffs statt. Man spricht dann von einer einzeitigen Wechseloperation.

Es handelt sich um eine komplexe Operation. Daher sollten Sie den Eingriff nur von Experten der Orthopäde und Unfallchirurgie mit umfassender Erfahrung in der Knieendoprothetik durchführen lassen.

Das Ziel einer Knierevision besteht darin,

  • die Stabilität wiederherzustellen,
  • die Beschwerden zu beseitigen und
  • die volle Beweglichkeit im Kniegelenk wiederzuerlangen.

Ist allerdings die Ursache der Lockerung eine bakterielle Infektion, gestaltet sich die Therapie deutlich aufwändiger. Hier reicht oft nicht mehr nur eine Operation, sondern es sind mindestens zwei operative Eingriffe erforderlich. Das Vorgehen wird daher als zweizeitige Wechseloperation bezeichnet.

Während der ersten Operation wird

  • die Prothese entfernt,
  • das infizierte Gewebe gereinigt und gegebenenfalls entfernt und
  • eine Antibiotikatherapie begonnen.

Erst wenn die Infektion vollständig abgeheilt ist, kann die neue Knieendoprothese eingesetzt werden. Ziel der Behandlung besteht zunächst darin, die Infektion zu beseitigen. Erst im zweiten Schritt soll Stabilität, Beweglichkeit und Beschwerdefreiheit erreicht werden.

Patientin nach Knieprothesen-OP
Ein Arzt prüft die Funktion des Knies nach einer Knieprothesen-OP © amazing studio | AdobeStock

Verlauf und Prognose

Das Einsetzen der Revisionsknieendoprothese nach aseptischer Prothesenlockerung ist aufwändiger als die Erstimplantation der Knie-TEP. Vom Prinzip her sind die Eingriffe jedoch vergleichbar, auch was die anschließenden Risikofaktoren für eine erneute Lockerung betrifft (siehe oben).

Aufgrund der Fortschritte in der Prothesentechnik und den Materialeigenschaften kann heute aber von einer längeren Haltbarkeit des künstlichen Kniegelenks, als dies früher der Fall war, ausgegangen werden.

Wenn sich die Infektion bei septischer Prothesenlockerung komplett beseitigen lässt, ist die Prognose ebenfalls gut.

Flammt die Infektion dagegen immer wieder auf, kann dies weitere operative Eingriffe zur Folge haben. Auch eine Amputation kann in Einzelfällen notwendig werden, um ein Ausbreiten der Infektion zu verhindern.

Vorbeugung

Wichtig ist vor allem, dass Sie eine Knie-OP nur von ausgewiesen Experten für Knieendoprothetik durchführen lassen. Mit zunehmender Erfahrung der Operateurs und der Klinik sinkt das Risiko einer späteren Knieprothesenlockerung.

Ansonsten sollten Sie kniebelastende Tätigkeiten meiden oder nur nach Rücksprache mit Ihrem Arzt ausüben.

Da auch starkes Übergewicht ein Risikofaktor für eine Prothesenlockerung darstellt, sollten Sie Übergewicht vermeiden.

Quellen

  • Fath R (2018) Knie-Totalendoprothesen: Ein anspruchsvoller Gelenkersatz. Dtsch Arztebl 115(8): A-332 / B-284 / C-284
  • Radtke R (2020) Implantationen künstlicher Kniegelenke in deutschen Krankenhäusern nach Alter 2019. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/785084/umfrage/implantationen-kuenstlicher-kniegelenke-in-deutschen-krankenhaeusern/
  • Rolf O., Rader C. (2021) Aseptische Knieprothesenlockerung. In: Perka C., Heller KD. (eds) AE-Manual der Endoprothetik. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55485-2_40-1
  • Walter G, Gramlich Y (2019) Periprothetische Infektionen. In: Engelhardt M., Raschke M. (eds) Orthopädie und Unfallchirurgie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-54673-0_18-1
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