ZNS-Lymphom: Spezialisten & Infos

21.08.2023
Leading Medicine Guide Redaktion
Autor des Fachartikels
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Etwa 300 bis 400 überwiegend erwachsene Menschen erhalten jedes Jahr in Deutschland die Diagnose „Primäres ZNS-Lymphom“ (PZNSL abgekürzt). Das ist eine Ansammlung bösartig veränderter Immunzellen („Lymphozyten“) im zentralen Nervensystem (ZNS).

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Spezialisten und Zentren für ZNS-Lymphome.

ICD-Codes für diese Krankheit: C83.3

Empfohlene Spezialisten für ein ZNS-Lymphom

Artikelübersicht

Was ist ein ZNS-Lymphom?

Die Nervenstrukturen im Gehirn und im Rückenmark bezeichnet man als das zentrale Nervensystem (ZNS). Sie sind für die zentrale Reizverarbeitung des Menschen verantwortlich.

Das ZNS-Lymphom ist eine Krebserkrankung, die

  • im Gehirn,
  • im Nervenwasser oder
  • im Rückenmark

auftreten kann. In Form einer Retina-, Uvea- oder Glaskörperinfiltration sind gelegentlich auch die Augen betroffen. Mit einer Häufigkeit von nur rund zehn Prozent ist dies jedoch die seltenste Form des ZNS-Lymphoms.

ZNS-Lymphome, die den Non-Hodgkin-Lymphomen zugeordnet sind, unterteilt man in primäre und sekundäre ZNS-Lymphome.

Befinden sich Tumorzellen beim Zeitpunkt der Erstdiagnose ausschließlich im zentralen Nervensystem, spricht man von einem primären ZNS-Lymphom. Bei einem sekundären ZNS-Lymphom handelt es sich um Metastasen im Zentralen Nervensystem. Metastasen sind Tochtergeschwülste eines Tumors, der zunächst an anderen Körperstellen entstanden ist.

Die mit über 95 Prozent am weitesten verbreitete Variante ist das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom. Es gilt als „hochmalign“, also besonders aggressiv und schnell wachsend. Sonstige B-Zell- oder T-Zell-Lymphome werden im zentralen Nervensystem dagegen sehr selten diagnostiziert.

Ursachen und Entstehung des ZNS-Lymphoms

Wie es dazu kommt, dass Lymphozyten entarten und Tumore bilden, ist bislang noch weitgehend unbekannt. Forscher nehmen jedoch an, dass die Ursache in der Entstehung bestimmter Eiweiße im zentralen Nervensystem liegen könnte. Diese würden möglicherweise eine unkontrollierte Abwehrreaktion auslösen, die die Vermehrung der Lymphomzellen begünstige.

Die Risikofaktoren für ein ZNS-Lymphom sind ebenfalls noch nicht zweifelsfrei und vollständig erforscht. In der Mehrzahl sind jedoch Erwachsene von einem Lymphom im zentralen Nervensystem betroffen. Gut die Hälfte der Patienten ist zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits 60 Jahre alt oder älter. Männer erkranken etwas häufiger als Frauen. Hinweise auf eine familiäre Häufung gibt es nicht.

Der überwiegende Teil der Patienten mit einem ZNS-Tumor litt vor der Erkrankung nicht an einer Immunabwehrschwäche. Dennoch gilt diese als einer der größten Risikofaktoren: Die Unterdrückung des körpereigenen Immunsystems (Immunsuppression) kann die Bildung eines Lymphoms im zentralen Nervensystem zur Folge haben.

Unerheblich ist dabei, ob

  • die Immunsuppression als gezielte Therapie (etwa nach einer Organtransplantation) herbeigeführt wurde oder
  • sie durch eine Krankheit entstanden ist (etwa durch das Eppstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber), das Humane Herpesvirus Typ 8 oder die HIV-Infektion).

Welche Symptome deuten auf ein ZNS-Lymphom hin?

Die Beschwerden, die bei einem ZNS-Lymphom auftreten, können sehr unterschiedlich ausfallen. Sie hängen von der Größe des Tumors und seiner genauen Lokation im zentralen Nervensystem ab.

Die folgenden Symptome treten am häufigsten im Zusammenhang mit einem ZNS-Lymphom auf:

  • Über die Hälfte der Betroffenen zeigt ein sogenanntes hirnorganisches Psychosyndrom: Das sind psychische Auffälligkeiten, die plötzlich neu auftreten. Dazu gehören beispielsweise
    • Beeinträchtigungen der Gedächtnisleistung,
    • Interesselosigkeit und Gleichgültigkeit,
    • Angstzustände,
    • Abgeschlagenheit,
    • emotionale Verhaltensänderungen sowie
    • neurologische Störungen wie Lähmungen, Schwindel oder Sprachstörungen.
  • Über 50 Prozent der Patienten klagen über Kopfschmerzen sowie wandernde Schmerzen an unterschiedlichen Körperstellen.
  • Etwa ein Drittel der Betroffenen leidet in Folge des erhöhten Hirndrucks an Übelkeit, teilweise mit Erbrechen.
  • In seltenen Fällen kann es auch zu Krampfanfällen, Nachtschweiß, Fieber oder Gewichtsverlust kommen.
  • Das Sehvermögen ist beeinträchtigt, wenn das ZNS-Lymphom die Augen betrifft.

In der Regel wird die Erstdiagnose eines ZNS-Lymphoms relativ zügig gestellt. Das liegt vor allem daran, dass der Tumor verhältnismäßig schnell wächst und die Krankheitszeichen entsprechend voranschreiten.

Einige der Symptome sind jedoch auch typisch für andere Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Sind die Beschwerden nicht besonders stark ausgeprägt und eher unspezifisch, kann eine Diagnose mitunter etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen.

Diagnose des ZNS-Lymphoms

Bei Verdacht auf eine Hirnerkrankung erfolgt in der Regel eine Untersuchung des Kopfes mittels einer Computertomographie (CT). Entdeckt der Arzt dabei einen Tumor, gilt es nun, schnellstmöglich herauszufinden, um welche Art es sich handelt und wie weit die Erkrankung bereits fortgeschritten ist.

Es folgen

  • neurologische Untersuchungen,
  • eine Analyse der Blutwerte sowie
  • die Entnahme von Hirnwasser.

Die aussagekräftigsten Ergebnisse liefert eine Magnetresonanztomographie (MRT). Die Bilder ermgöglichen aber keine zweifelsfreie Zuordnung des Hirntumorart. Für eine gesicherte Diagnose wird dazu eine Gewebeprobe des Lymphoms benötigt.

Gehirn im MRT
Mithilfe einer Magnetresonanztomographie lässt sich ein ZNS-Lymphom im Gehirn gut sichtbar machen © Chinnapong | AdobeStock

Die Entnahme der Gewebeprobe erfolgt mittels stereotaktischer Biopsie mithilfe einer Hohlnadel durch ein winziges Bohrloch in der Schädeldeck. Dieses Verfahren ist heutzutage die gängigste Methode.

Nach der Diagnose eines ZNS-Lymphoms suchen die Mediziner nach weiteren Lymphomherden im Körper. Dabei helfen

Schließlich könnte es sich auch um ein sekundäres ZNS-Lymphom, also die Metastase eines anderen Tumors handeln.

Behandlung des primären ZNS-Lymphoms

Ohne jegliche Behandlung würde ein ZNS-Lymphom innerhalb kurzer Zeit zum Tod führen. Deshalb ist schnelles Handeln erforderlich.

Eine komplette operative Entfernung, wie sie bei anderen Hirntumoren häufig durchgeführt wird, ist bei einem ZNS-Lymphom jedoch nicht zielführend. Langfristig erfolgsversprechender sind eine Kombination aus Chemo- und Strahlentherapie oder eine alleinige Chemotherapie.

Je nach Alter des Patienten fallen sowohl Wirkung als auch Nebenwirkungen der jeweiligen Therapieform verschieden aus. Deswegen muss stets ein individuell passender Behandlungsweg eingeschlagen werden. Unterschieden wird zwischen

  • der einleitenden Therapie (Induktionstherapie) und
  • der nachfolgenden Konsolidierungstherapie zur Festigung des Gesundheitszustands.

Das Chemotherapeutikum Methotrexat kommt in der Induktionstherapie am häufigsten zum Einsatz. Es ist auch deshalb so beliebt, weil es Patienten jeden Alters verabreicht werden kann. Wirkungsvoll sind außerdem die Substanzen Cytarabin, Ifosfamid und Thiotepa.

Ergänzend zur Chemotherapie fällt die Wahl des Arztes oft auf eine Antikörpertherapie (in Kombination Chemoimmuntherapie genannt). Dabei dockt der Wirkstoff Rituximab an den Oberflächenstrukturen der Tumorzellen an und löst dadurch deren Zerstörung aus.

In der Konsolidierungstherapie können

zum Einsatz kommen. Eine Bestrahlung kann jedoch neurologische Folgen wie eine Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung oder der Lebensqualität haben. Deswegen sind die Alternativen — wenn möglich — zu bevorzugen.

Insbesondere die HDT-ASZT hat bislang oft zu sehr guten Langzeitergebnissen geführt. Dabei werden dem Patienten vor der Chemotherapie Stammzellen entnommen und danach wieder zugeführt.

An wen sollten sich Betroffene wenden?

Spezialisierte Fachärzte für Hämatologie und Onkologie an etablierten Behandlungszentren sind die richtige Anlaufstelle für Patienten mit ZNS-Lymphom.

Bei der Suche nach Experten kann das Kompetenznetz Maligne Lymphome behilflich sein. Hier finden Sie Krankenhäuser und Facharztpraxen, die über langjährige Erfahrung in der Therapie des ZNS-Lymphoms verfügen.

Im Bundesverband Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe e.V. sind die Selbsthilfeorganisationen für Leukämie- und Lymphom-Erkrankte organisiert. Hier können Sie nach der nächstgelegenen Selbsthilfegruppe suchen. Zudem stehen eine Vielzahl an Broschüren, Literatur- und Veranstaltungshinweisen zur Verfügung.

Prognose nach der Behandlung eines ZNS-Lymphoms

Das ZNS-Lymphom gilt zwar als besonders aggressiv. Dennoch lässt sich die Erkrankung mit einer optimal auf den Patienten abgestimmten Therapie für einige Jahre zurückdrängen.

Bei jüngeren Betroffenen, deren Immunsystem gut funktioniert, ist gegebenenfalls sogar eine vollständige Heilung möglich.

Quellen

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