Kavernome - Spezialisten und Informationen

30.01.2024
Prof. Dr. med. Susanne Regus
Medizinische Fachautorin

Kavernome sind Gefäßfehlbildungen, die überall im Körper vorkommen können. Optisch erinnern sie an Brombeeren oder Maulbeeren, zudem sind sie ähnlich groß. Etwas anders sehen diese arteriösen Malformationen allerdings unter dem Mikroskop aus: Dann erinnern sie an die namensgebenden Kavernen, also Hohlräume.

Im Folgenden finden Sie weitere Informationen sowie ausgewählte Kavernom-Spezialisten.

ICD-Codes für diese Krankheit: D18.01

Empfohlene Kavernom-Spezialisten

Artikelübersicht

Was ist ein Kavernom?

Kavernome werden im Volksmund auch als Blutschwämmchen bezeichnet. Es handelt sich um eine Gefäßfehlbildung, welche auch als arteriovenöse Malformation (AVM) bezeichnet wird. Hierbei verbinden sich sehr kleine Venen und Arterien zu einem Gefäßknäuel. Dadurch treten regelmäßig kleinere oder sogar größere Blutungen auf.

Kavernome können prinzipiell in allen Geweben auftreten, klinische Bedeutung haben allerdings nur die, welche im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) entstehen. Deshalb wird in der englischsprachigen Wissenschaftsliteratur der Begriff Kavernom grundsätzlich nur für zerebrale Kavernome verwendet.

Der Blutdruck um die Kavernome ist gering, daher halten sich auch der Blutverlust und die Gewebeschäden in Grenzen. Deswegen verlaufen sie in den meisten Gewebestrukturen (z.B. Beinen, Armen, etc) normalerweise symptomlos. Anders verhält es sich bei zerebralen Kavernomen. Diese sind von Gehirn- oder Rückenmarksgewebe umgeben. Hier können selbst kleine Blutungen zu ausgeprägten Symptomen wie starken Kopfschmerzen und Krampfanfällen führen.

Machen Kavernome grundsätzlich Probleme?

Von symptomlos bis lebensbedrohlich: Die Symptome bei Kavernomen sind stark fallabhängig. So sind rund die Hälfte aller Kavernome im Gehirn symptomlos. In der anderen Hälfte der Fälle verursachen zerebrale Kavernome durch Blutungen und Verdrängen jedoch eine ganze Reihe an Symptomen. Die häufigsten Folgen sind

Besonders problematisch sind größere Blutungen. Ihre Symptome ähneln denen eines Schlaganfalls stark:

  • Lähmungserscheinungen
  • Schwindel
  • Seh- und Gefühlsstörungen oder
  • Kopfschmerzen

Die Häufigkeit eines solchen Ereignisses ist gering: das jährliche Blutungsrisiko schätzen Experten auf zwischen 1 bis 5 Prozent. Wie hoch es genau ist, hängt vom Ort ab, an dem es sich im Gehirn befindet. Jedoch: Wer einmal unter einer solchen Blutung litt, leidet innerhalb von zwei Jahren zu 30 Prozent erneut darunter. Diese starken Blutungen beeinträchtigen den Patienten nicht nur stark, sie können auch lebensbedrohlich werden.

Bei schwächeren Blutungen sind es weniger die Blutungen selbst als vielmehr die Blutablagerungen in benachbarten Hirnrindenbereichen, die die Symptome hervorrufen. Vor allem Kavernome im Bereich des Schläfenlappens können so eine Epilepsie verursachen.

Wie häufig treten Kavernome auf und wodurch entstehen sie?

Zerebrale kavernöse Fehlbildungen treten bei rund 0,5 Prozent der deutschen Bevölkerung auf, vielfach ohne Symptome auszulösen. Wie genau sie entstehen, ist bislang unklar.

Gesichert ist, dass es eine erbliche Variante gibt. So wird geschätzt, dass rund ein Drittel der Kavernome aufgrund einer genetischen Ursache entstehen. Bei sechs Prozent liegt eine Sonderform vor. Bei dieser auch „Multiple zerebrale Kavernome“ genannten familiären Form treten Kavernome gehäuft auf. Entsprechend wahrscheinlich ist es, dass Betroffene Symptome entwickeln, zumal die Kavernome häufig schneller wachsen. Diese Form betrifft vorallem auch Kinder. Sie wird autosomal-dominant vererbt und ist in Europa seltener als in anderen Regionen.

Nach welchen Mechanismen Kavernome entstehen und warum, ist jedoch ungeklärt. Abhängig von der genetischen Vorbelastung gibt es keine weiteren bekannten Risikofaktoren oder sogar Möglichkeiten, die Entstehung von Kavernomen zu verhindern.

Wie wird ein Kavernom festgestellt?

Vielfach sind Kavernome Zufallsbefunde, weil weniger als die Hälfte Symptome verursacht. Kommt ein Patient mit typischen Symptomen in die Praxis oder das Krankenhaus, wird üblicherweise zur weiteren Abklärung ein bildgebendes Verfahren wie Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT) durchgeführt.

Das CT wird in der Regel in der Notfallsituation (Schlaganfall, akute Blutung) bevorzugt, da es nur wenige Sekunden dauert, um es durchzuführen und auszuwerten. Das MRT hingegen wird für eine genauere Diagnose in Situationen ohne Zeitnot (z.B. bei geplanten Eingriffen oder nach Stabilisierung der Notfallsituation) verwendet. Die Durchführung eines MRTs ist weitaus zeitaufwendiger als die Anfertigung eines CTs und dauert üblicherweise 30 bis 40 Minuten. Eindeutiger Vorteil der MRT ist allerdings, dass hier die Morphologie und Lokalisation von Raumforderungen deutlich besser bewertet werden können.

Oft zeigt sich ein sogenanntes Popcorn-Muster und das typische Erscheinungsbild einer Brom- oder Maulbeere. Weiterhin typisch sind Verkalkungen und Signale, die auf Mikroblutungen hindeuten, welche unterschiedlich lange her sind. In der Regel wird nach weiteren Gefäßmißbildungen gesucht, die häufig gemeinsam mit Kavernomen auftreten. Ein Beispiel hierfür sind angeborene Gefäßmißbildungen oder Tumorerkrankungen.

Wann ist eine Behandlung notwendig?

Wie genau und wann ein Kavernom behandelt wird, hängt von vielen Faktoren ab, u.a. von 

  • der Lage im Gehirn
  • seiner Zugänglichkeit bei einer OP
  • dem Risiko für Blutungen
  • der Stärke der Symptome

Wenn das Kavernom ein reiner Zufallsbefund und symptomlos ist, wird üblicherweise eine jährliche Überwachung mittels MRT empfohlen. Ausnahmen sind Kavernome, deren Lage ein Eingreifen erforderlich macht, beispielsweise weil sie sich sehr nah am Hirnstamm befinden. Auch sehr große Kavernome sind häufig behandlungsbedürftig. Auch eine genetische Ursache des Kavernoms bei familiärer Erkrankung führt häufig zur großzügigeren Indikationsstellung.

Umstritten ist das Vermeiden von Medikamenten, die sich auf die Blutgerinnung auswirken. Es erscheint logisch, denn eine verminderte Blutgerinnung könnte Blutungen verstärken. Doch es gibt Studien zu anderen Hirngefäßerkrankungen, die die Einnahme von blutgerinnungshemmenden Mitteln sogar positiv bewerten. Deswegen existiert bislang noch keine eindeutige Empfehlung hierzu.

Bei Epilepsie und einem einmaligen Krampfanfall ohne weitere Symptome empfiehlt die International League Against Epilepsy eine Therapie mit antikonvulsiven Medikamenten. Es gibt jedoch Faktoren, die eine direkte Entfernung begünstigen. Dazu zählen

  • junges Patientenalter
  • erhöhtes Risiko für Blutungen, z.B. bei
    • Einnahme blutgerinnender Medikamente aufgrund anderer Erkrankungen
    • Epilepsie, die medikamentös schlecht behandelbar ist
    • Sturzneigung
    • Risikosportarten (Boxen, Skispringen)
  • schnelles Wachstum des Kavernom
  • starke Symptome

Was passiert bei der Operation?

Bei der Operation eines Kavernoms ist die mikrochirurgische Entfernung unter MR-gestützter Neuronavigation das Mittel der Wahl. Hierbei wird mit speziellen Instrumenten und Lichtquellen sowie unter zusätzlicher Anwendung eines Mikroskops über möglichst kleine Schnitte (mikrochirurgisch) das krankhafte Gewebe entfernt. Es kann auch notwendig werden, die umgebende Gliosezone, also narbige Veränderungen des Hirngewebes und der Nervenscheiden, sparsam mitzuentfernen.

Die Operation wird üblicherweise durch Neurochirurgen, welche Spezialisten für Erkrankungen des zentralen Nervensystems sind, durchgeführt. Minimal-invasive Katheterverfahren, bei denen Metallspiralen über die Leistenschlagader bis in die Gefäßmalformationen vorgeschoben werden, fallen in das Aufgabengebiet der Neuroradiologen. Eine Bestrahlung (Radiatio) oder Chemotherapie empfehlen deutsche Experten üblicherweise nicht.

Wie ist die Prognose von Kavernomen?

Kavernome bleiben oft ein Leben lang symptomlos. Wenn sich Symptome zeigen, geschieht dies bei der Mehrzahl der Betroffenen zwischen dem 10. und 40. Lebensjahr. Wie die Erkrankung verläuft, hängt vor allem von Lage und Art des Kavernoms ab. Für viele Patienten ist es oft eine starke Belastung, mit dem Risiko der Hirnblutungen zu leben. Symptome wie Kopfschmerzen, Krampfanfälle und andere neurologische Defizite können zudem die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen und bei den oft jungen Betroffenen die berufliche Karriere gefährden und bis zur Arbeitsunfähigkeit führen. Ein Problem dabei ist das dynamische Verhalten der Kavernome, was bedeutet, dass sie in ihrem Wachstumsverhalten schwierig eingeschätzt werden können. Teilweise bleiben sie jahrelang stabil und verändern sich kaum, manchmal entstehen förmliche „Wachstumsschübe“, die starke Symptome verursachen und mit einem hohen Blutungsrisiko einhergehen können.

Wenn die operative Entfernung der Kavernome beschlossen und durchgeführt wurde, stehen die Heilungschancen oft sehr gut. Insbesondere wenn Chirurgen das Kavernom leicht erreichen können, hat eine Operation vergleichsweise wenige Risiken. Eine Blutung oder die Folgen der Epilepsie wären ohne Operation dann oft folgenreicher und kompliziert zu behandeln, so dass die Mehrzahl der operierten Patienten anschließend deutlich beschwerdegemindert und zufriedener sind. Bei einem einzelnen kleinen Kavernom kann eine Operation die Erkrankung häufig heilen.

Bei der familiär gehäuft auftretenden Variante sind weitere spontan auftretende Kavernome wahrscheinlich. Heilbar ist diese Form nicht. Für Betroffene ist eine dauerhafte Überwachung der Kavernome und möglicherweise eine medikamentöse Therapie notwendig. Der Leidensdruck kann bei Betroffenen durch vielfältige Symptome und wachsende Kavernome durchaus hoch sein. Deswegen ist eine ergänzende psychologische Betreuung hilfreich.

Quellen

  • https://www.kavernom.de
  • https://www.angiodysplasie.de/de/syndrome/Intracerebrale-Kavernome.php
  • Mouchtouris N, Chalouhi N, Chitale A, Starke RM, Tjoumakaris SI, Rosenwasser RH, Jabbour PM. Management of cerebral cavernous malformations: from diagnosis to treatment. ScientificWorldJournal. 2015;2015:808314. doi: 10.1155/2015/808314. Epub 2015 Jan 5. PMID: 25629087; PMCID: PMC4300037. Link zum Artikel: https://www.hindawi.com/journals/tswj/2015/808314/
  • https://www.kavernom.de/pdf/Magazin3_Operationsrisiken_Dammann_2017.pdf
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