Hypophysenadenom: Informationen & Spezialisten

18.10.2022
Dr. Claus  Puhlmann
Medizinischer Fachautor

Ein Hypophysentumor ist ein zumeist gutartiger Tumor der Hirnanhangdrüse (Hypophyse). Auch wenn der Hypophysentumor in den meisten Fällen aus gutartigen Zellen besteht, heilt er nicht immer vollständig aus. Tumoren der Hirnanhangdrüse sind häufiger als allgemein angenommen: Auf 100.000 Personen kommen pro Jahr 80 bis 100 Neuerkrankungen. Sie treten bei Menschen aller Altersgruppen auf.

Hier finden Sie weitere Informationen und Hypophysenadenom-Spezialisten.

ICD-Codes für diese Krankheit: D35.2

Empfohlene Hypophysenadenom-Spezialisten

Kurzübersicht:

  • Anatomie: Die Hypopyhse ist eine etwa kirschgroße Drüse im Gehirn. Sie ist dafür zuständig, den Hormonhaushalt im Körper zu steuern und selbst Hormone zu produzieren.
  • Was ist ein Hypophysenadenom? Ein gutartiger Tumor, der sich in der Hypophyse bildet. Sie lassen sich hinsichtlich ihres Wachstums in verschiedene Kategorien unterteilen.
  • Ursachen: Man nimmt an, dass Veränderungen im Erbgut zu unkontrollierter Zellteilung in der Hypophyse führen, wodurch ein Knoten entstehen kann. Auch ein Zusammenhang mit multipler endokriner Neoplasie wird angenommen.
  • Symptome: Mögliche Beschwerden hängen davon ab, ob der Tumor selbst Hormone produziert, und wenn ja, welche genau. Die Symptome sind daher sehr unspezifisch und vielfältig. Erfahren Sie im Text mehr dazu.
  • Diagnose: Typische Verfahren der Diagnostik sehen nach der Patientenbefragung Hormonbestimmungen in Urin, Speichel und Blut, sowie u. a. ein MRT und eine augenärztliche Untersuchung vor.
  • Behandlung: Die Therapie hängt von der genauen Klassifizierung des Tumors ab. Ohne Beschwerden reicht eine Beobachtung aus. Nicht immer ist eine OP notwendig. Die Erfolgsaussichten bei einer OP sind allerdings auch sehr gut. Die Gabe von Hormonen ist unerlässlich.

Artikelübersicht

Definition: Was sind Hypophysenadenome?

Die Hypophyse ist eine etwa kirschgroße Drüse und besteht aus

  • einem Vorderlappen (Adenohypophyse) und
  • einem Hinterlappen (Neurohypophyse).

Der Hinterlappen speichert Hormone aus dem Hypothalamus, einem nahe gelegenen Gehirnabschnitt. Bei Bedarf gibt er diese Hormone frei.

Der Hypophysenvorderlappen produziert dagegen selbst für den Körper wichtige Hormone, wie zum Beispiel

  • Wachstumshormone,
  • das follikelstimulierende Hormon (FSH),
  • Prolaktin,
  • Thyreotropin (TSH) und
  • das adrenokortikotrope Hormon (ACTH).

Hypophysenadenome sind gutartige Formen von Hypophysentumoren, also Geschwulsten der Hirnanhangdrüse. Etwa 10–15% aller intrakraniellen Tumoren (Tumoren innerhalb des Schädels) sind Hypophysentumoren.

Hinsichtlich ihrer Gut- bzw. Bösartigkeit können die Hypophysentumoren in

  • typisch benigne Adenome (ca. 85% der Fälle) - gutartig,
  • aggressivere atypische Adenome (ca. 15 %) - gutartig, aber problematisch, sowie
  • Hypophysenkarzinome (ca. 0,1%) - bösartig

unterteilt werden.

Anatomie der Hypophyse und des Hypothalamus im Gehirn
Lage der Hypophyse direkt unterhalb des Gehirns © bilderzwerg | AdobeStock

Hypophysenadenome, abgekürzt H-Adenome, wachsen in der Sella turcica. Das ist eine Knochenmulde in der Nähe der Stelle, an der sich die beiden Sehnerven kreuzen.

Mediziner unterteilen Hypophysenadenome anhand zweier Merkmale in verschiedene Formen:

  • Ihrer Größe: Mikroadenome sind kleiner als 1 cm, Makroadenome sind größer als 1 cm.
  • Ihrer Hormonaktivität: Hormonaktiv (produziert Hormone) oder hormoninaktiv (produziert keine Hormone).

Unter den hormonaktiven Adenomen werden unter anderem

  • Prolaktinome (bilden das Hormon Prolaktin, ca. 50% aller Adenome),
  • Wachstumshormon-produzierende Adenome (ca. 22%), 
  • ACTH-produzierende Adenome (ca. 5%) sowie
  • TSH- und FSH-produzierende Adenome (weniger als 1%)

unterschieden. Je nach gebildetem Hormon werden diese dann beispielsweise als

  • Somatotropinom,
  • Kortikotropinom oder
  • Thyreotropinom

bezeichnet. Etwa 23% der Adenome sind hormoninaktiv.

Ein Hypophysenkarzinom entwickelt sich meist aus einem Prolaktinom.

Die aggressiveren atypischen Adenome wachsen in die benachbarten Hirngewebe hinein. Dann lassen sie sich nicht mehr restlos entfernen.

Wie entsteht das Hypophysenadenom?

Durch Veränderungen im Erbgut einer Zelle der Hypophyse kann es zu unkontrollierten Zellteilungen kommen. Dadurch entwickelt sich ein Knoten, der Hypophysentumor. Die genauen Mechnismen sind noch ungeklärt.

Bei manchen Patienten tritt das H-Adenom im Zusammenhang mit der multiplen endokrinen Neoplasie (MEN-1-Syndrom) auf. Bei ihr handelt es sich um eine vererbbare Drüsenerkrankung.

Symptome und Diagnostik von Hypophysentumoren

Die Anzeichen für einen Hypophysentumor sind von der Hormonaktivität abhängig, und welche Hormone das gegebenenfalls sind. Je nachdem, ob ein Überschuss oder ein Mangel an Hormonen vorliegt, können die Symptome gänzlich verschieden sein.

So können Prolaktinome bei Frauen

  • Zyklusstörungen,
  • Unfruchtbarkeit und
  • bei Nicht-Schwangeren Milchfluss aus den Brustdrüsen

bewirken. Bei Männern kann es

  • zur Ausbildung weiblicher Brüste (Gynäkomastie),
  • zu Libidostörungen und
  • zu Potenzstörungen

kommen.

Wachstumshormon-produzierende Adenome führen bereits vor der Pubertät zu Gigantismus (Riesenwuchs). Bei Erwachsenen kommt es zu Veränderungen

  • im äußeren Erscheinungsbild,
  • im Stoffwechsel und
  • an inneren Organen (sog. Akromegalie).

Die Patienten können vielfältige Beschwerden aufweisen. Die häufigsten sind

Bei den ACTH-produzierenden Adenomen kommt es durch den ACTH-Überschuss zu Morbus Cushing. Typische Symptome sind beispielsweise

Die hormoninaktiven Hypophysentumoren verdrängen mit ihrem Wachstum umliegendes Hormon- oder Nervengewebe. Dadurch können sie zu einer Hypophysenunterfunktion sowie Seh- und Gesichtsfeldeinschränkungen führen.

Je nachdem, welches Hormon zu wenig gebildet wird, kann es zu Störungen

  • im Wachstum (z.B. Kleinwuchs, Fettstoffwechselstörung, reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit),
  • an den Keimdrüsen (z.B. Zyklusstörungen, Unfruchtbarkeit, Potenzstörungen, kleine weiche Hoden, gestörte Achsel- und Schambehaarung),
  • der Schilddrüsenfunktion (z.B. Gewichtszunahme, Müdigkeit, Lethargie, Wesensveränderungen) oder
  • der Nebennierenrinde (z.B. blasse Hautfarbe, Schwäche, Müdigkeit, Gewichtsverlust, Übelkeit, Hypotonie)

kommen.

Wie diagnostiziert man ein Hypophysenadenom?

Da das H-Adenom sehr langsam wächst, zeigen sich oft erst nach vielen Jahren erste Anzeichen eines Hypophysentumors.

Basis der Diagnostik sind

  • die Befragung des Patienten über die Beschwerden und die Krankengeschichte (Anamnese),
  • die Bestimmung der Hormonspiegel in Urin, Speichel und Blut durch den Endokrinologen,
  • bildgebende Verfahren (insbesondere die Magnetresonanztomographie, MRT) sowie
  • die augenärztliche Untersuchung.

Das krankhaft veränderte Gewebe ist auf einem MRT deutlich zu erkennen. Der Radiologe sieht genau, wie groß das Hypophysenadenom ist, wo es sich befindet und ob es Verkalkungen aufweist.

Mittels Speichel-, Blut- und Urinuntersuchung zeigt sich, welches Hormon im Übermaß bzw. in zu geringer Menge vorhanden ist.

Ein Kortikotropinom ist mithilfe des Dexamethason-Tests nachweisbar. Dexamethason ist ein kortikoidhaltiges Medikament, das oft zur Rückbildung von Hirnschwellungen eingesetzt wird.

Auch eine augenärztliche Untersuchung ist sinnvoll, insbesondere eine Gesichtsfeldperimetrie bzw. computerassistierte Perimetrie. Dadaurch lässt sich feststellen, ob das Adenom auf Strukturen der Sehbahn drückt oder in diese hineinwächst. Das würde sich in einer Gesichtsfeldeinschränkung zeigen.

Wie wird ein Hypophysentumor behandelt?

Die Therapie eines Hypophysenadenoms richtet sich nach

  • den Beschwerden,
  • den Auswirkungen auf den Hormonstoffwechsel und
  • der hormonellen Aktivität des Tumors.

Manche H-Adenome verursachen keine Symptome. Dann reicht es meist aus, dessen Wachstum in regelmäßigen Abständen mithilfe bildgebender Verfahren zu kontrollieren.

Eine Behandlung erfolgt erst, wenn der Tumor dem Patienten Beschwerden bereitet.

Einige Arten von Hypophysenadenomen erfordern in der Regel keinen operativen Eingriff: Prolaktinome behandelt man beispielsweise bervorzugt mit Medikamenten (Dopaminagonisten). In bestimmten Fällen wird allerdings auch beim Prolaktinom eine operative Entfernung in Erwägung gezogen. Bedingungen dafür sind etwa, wenn

  • die medikamentöse Therapie nicht wirkt,
  • der Patient die Medikamente nicht verträgt,
  • der Sehverlust trotz Therapie voranschreitet oder
  • Kinderwunsch besteht.

Therapie der Wahl beim Wachstumshormon- und beim ACTH-produzierenden Adenom ist die Hypophysenoperation. Die Erfolgsaussichten sind sehr gut.

Da Mikroadenome sehr klein sind, können sie über die Nase operiert werden. Nach der Hypophysenadenom-OP bleibt dann keine sichtbare Narbe am Kopf zurück. Die kleinen Geschwülste sind in 9 von 10 Fällen ohne Gewebereste entfernbar.

Bei Makroadenomen ist eine Öffnung der Schädeldecke erforderlich.

Die Entfernung von Hypophysentumoren erfolgt durch einen Facharzt für Neurochirurgie. Invasiv wachsende Adenome lassen sich chirurgisch nicht vollständig beseitigen. Dann muss der Patient oft sein ganzes Leben lang Hormone einnehmen.

Eine Strahlentherapie kommt bei den Tumoren nur sehr selten zum Einsatz, etwa bei sehr großen H-Adenomen. Dann versuchen die Mediziner, den Tumor vor der Hypophysenadenom-Operation mit der Strahlentherapie zu verkleinern.

Bei zu starken hormonellen Störungen therapiert man den Kranken vor dem chirurgischen Eingriff medikamentös.

Die tumorbedingte Unterfunktion der Hypophyse muss vor und nach einer Operation durch die Gabe von Hormonen ausgeglichen werden. Man spricht dann von einer Hormonsubstitutionstherapie. Je nach Hormonmangel kann dies die Einnahme von

  • Hydrokortison,
  • L-Thyroxin,
  • Sexualhormonen (wie Androgene, Östrogene),
  • Wachstumshormonen oder
  • Desmopressin

bedeuten.

Quellen

  • Petersenn, S. (2018) Hypophysenadenome – nicht immer benigner Natur. Der Onkologe 24: 133. https://doi.org/10.1007/s00761-017-0319-2
  • Stalla G., Dimopoulou C. (2014) Hypophysentumore. In: Lehnert H. et al. (Hrsg) SpringerReference Innere Medizin. Springer, Heidelberg
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