Glioblastom: Informationen und Glioblastom-Spezialisten

20.10.2021
Prof. Dr. med. Andreas Raabe
Medizinischer Fachautor

Das Glioblastom ist eine der häufigsten Hirntumor-Arten und wird in die Gruppe der Gliome eingeordnet. Der Tumor des Hirngewebes tritt am häufigsten bei Menschen mittleren Alters (45 bis 70 Jahre) auf. Er ist für sein schnelles und diffuses Wachstum bekannt. Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Glioblastom-Spezialisten und Zentren.

ICD-Codes für diese Krankheit: C71

Empfohlene Glioblastom-Spezialisten

Kurzübersicht:

  • Was ist ein Glioblastom? Einer der häufigsten Hirntumore, der vor allem Menschen im mittleren Alter betrifft. Er wächst schnell in das gesunde Gewebe des Gehirns ein, anstatt es zu verdrängen.
  • Symptome: Die Beschwerden und deren Schwere hängen davon ab, wo sich der Tumor genau befindet. Kopfschmerzen, vor allem nachts oder am frühen Morgen, sind ein wichtiges Warnzeichen. Dazu kommen Schwindel, Koordinationsprobleme, Sehstörungen, Krampfanfälle und weitere.
  • Ursachen & Risikofaktoren: Die Ursachen sind unbekannt. Möglicherweise führen sich erneuernde Zellen zu Fehlern bei der Neubildung und bilden dann unkontrolliert wucherndes Gewebe aus. Männer sind häufiger betroffen.
  • Diagnose: Eine MRT ist die wichtigste Untersuchung zur Identifizierung des Tumors. Eine Gewebeprobe gibt weitere Klarheit, meistens wird jedoch schon ohne Probe operiert.
  • Behandlung: Eine OP sollte möglichst schnell erfolgen. Hinzu kommen häufig eine Bestrahlung und eine Chemotherapie, die restliche Krebszellen beseitigen sollen.
  • Prognose: Lebenserwartungen von durchschnittlich zwei oder mehr Jahren sind möglich. Die Prognose hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein Glioblastom kann leider nicht geheilt werden.

Artikelübersicht

Definition: Was ist ein Glioblastom?

Glioblastome zählen zu den sogenannten diffus infiltrierenden Hirntumoren. Das bedeutet, sie wachsen in gesundes Hirngewebe hinein, anstatt es zu verdrängen. Der Begriff „Gliom“ deutet auf die veraltete Vermutung hin, dass Glioblastome dem Stützgewebe des Nervensystems, den sogenannten Gliazellen, entstammen.

Aufgrund seiner Eigenschaften stuft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Glioblastome als Grad-IV und damit als aggressiven Tumor ein. In der Mehrzahl der Fälle bildet sich das Glioblastom zuerst in einer der beiden Großhirnhälften (Abb. 1)

Glioblastom - MRT abb1
Abb. 1: Glioblastom im MRT (links) und mit Darstellung der im linken MRT nicht sichtbaren Infiltrationszone (Doppelpfeile) und Bewegungsbahn (Pfeil). [Quelle: Prof. Dr. Andreas Raabe, Inselspital Bern]

Symptome bei einem Glioblastom

Die Intensität und Ausprägung der Symptome eines Glioblastoms sind davon abhängig, wo genau sich der Gehirntumor befindet. Je nach betroffener Hirnregion kommt es demnach zu völlig unterschiedlichen Symptomen, was die Diagnose häufig erschwert.

Im Allgemeinen treten die Symptome innerhalb weniger Wochen auf.

Das Gehirn kann dem raumfordernden Tumor innerhalb des harten Schädels nicht ausweichen. Es kann sich auch nicht den geänderten Druckverhältnissen anpassen. Daher leiden die Betroffenen in erster Linie an Kopfschmerzen – vor allem nachts oder in den frühen Morgenstunden.

Die Patienten berichten, dass sich der Schmerz anfangs im Laufe des Tages von selbst bessert. Anders als bei anderen Kopfschmerzen kehrt der Glioblastom-Kopfschmerz jedoch in regelmäßigen Abständen wieder. Verschreibungsfreie Arzneien, wie sie in Drogerien und in der Apotheke zu kaufen sind, werden über die Zeit wirkungslos.

Daneben finden sich bei Patienten mit Glioblastom auch häufiger die folgenden Symptome, die bei allen Hirntumoren zu beobachten sind:

  • Schwindelgefühle,
  • Koordinationsprobleme,
  • Sehstörungen,
  • Krampfanfälle,
  • Wesensveränderungen,
  • Übelkeit sowie
  • Müdigkeit und allgemeine Abgeschlagenheit.
Schädel und Hirntumor
Anatomisch korrekte Darstellung de Schädelstrukturen mit einem Hirntumor © SciePro | AdobeStock

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen, weshalb sich Glioblastome bilden, sind nach wie vor unbekannt. Dennoch zählen diese Tumoren zu den häufigsten Hirntumoren überhaupt. Die Mehrheit der Patienten erkrankt zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr. Das durchschnittliche Lebensalter bei Diagnosestellung liegt bei 64 Jahren, was jedoch nicht ausschließt, dass auch Kinder Glioblastome entwickeln können.

Interessant ist, dass Männer etwa 1,7-fach häufiger vom Glioblastom betroffen sind als Frauen. Daten des amerikanischen Hirntumorregisters belegen außerdem, dass insbesondere Menschen weißer Hautfarbe an einem Gliobastom erkranken.

Nach ihrer Entstehung werden heutzutage das primäre und das sekundäre Glioblastom unterschieden.

Ein primäres Glioblastom entsteht beispielsweise aus Astrozyten, also aus bedeutenden Stützzellen des Zentralnervensystems. Da diese Astrozyten regelmäßig erneuert werden, kann es bei der Zellerneuerung zu Fehlern kommen. Die Zellen fangen dann an, unkontrolliert zu wachsen und am Ende das Glioblastom ausbilden.

Sekundäre Glioblastome wiederum entwickeln sich aus bereits bestehenden Tumoren. Sie bilden somit das Endstadium einer bereits seit Längerem andauernden Erkrankung.

Auch ionisierende Strahlen werden als ein möglicher Faktor bei der Glioblastom-Entstehung diskutiert. Daher ist insbesondere das Internet voll mit Theorien und Meinungen zum Einfluss von Mobiltelefonen auf Glioblastome und deren Entstehung. Doch entstehen wirklich Hirntumore durch die Nutzung mobiler Telefone oder Smartphones?

Dazu sagen die Experten nach derzeitigem Forschungsstand: Selbst groß angelegte epidemiologische Studien an Menschen fanden bisher keine Hinweise dafür, dass der Gebrauch von Mobiltelefonen zu einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Hirntumors führt.

Dagegen deuten aufwändige tierexperimentelle Studien auf ein erhöhtes Risiko bei männlichen Ratten und Mäusen für Tumore durch Mobilfunkstrahlung. Sie können aber keine Dosis-Wirkungs-Beziehung zeigen und auch das Fehlen des Effektes bei weiblichen Tieren nicht erklären. Verschiedene Behörden stufen daher das Gefahrenpotenzial auch sehr unterschiedlich ein: Von „unbedenklich“ bis „möglicherweise leicht krebserregend nicht ausgeschlossen“

Untersuchungen und Diagnose

Da die Symptome des Glioblastoms in der Regel plötzlich auftreten, suchen einige Patienten zuerst einen Neurologen auf. Dieser beginnt damit, die Krankenvorgeschichte (Anamnese) zu erheben.

Das wichtigste diagnostische Mittel, um das Glioblastom sicher nachzuweisen, ist und bleibt die Magnetresonanztomografie (kurz: MRT). Dieses bildgebende Verfahren ermöglicht es den Ärzten, den Tumor sichtbar zu machen (Abb. 2).

Glioblastom abb2 MRT Kontrastmittel
Abb. 2: Axiales MRT T1 Sequenz mit Kontrastmittel (links) und T2-Sequenz des MRT (rechts). Ein Glioblastom zeigt sich typischerweise als unregelmäßige, ringförmig Kontrastmittel-aufnehmende Raumforderung. Der gelbe Pfeil zeigt den Tumor mit seinen Kompartimenten und die Weißen Doppelpfeile das umgebende Hirnödem. [Quelle: Prof. Dr. Andreas Raabe, Inselspital Bern]

Als tumorverdächtiges Areal im Gehirn gilt zum Beispiel eine helle, ringförmige Struktur auf den MRT-Bildern.

Liegt der Verdacht auf ein Glioblastom vor, so bestätigen die Ärzte dies teilweise mithilfe einer Gewebeprobe, der sogenannten Biopsie. In den meisten Fällen wird der Tumor aber gleich ohne vorherige Biopsie operiert.

Allgemeines zur Behandlung

Aufgrund des schnellen Wachstums eines Glioblastoms sollte eine Operation möglichst zeitnah erfolgen. Mit zunehmender Zeit und Größe des Tumors wandern mehr Zellen in die Umgebung ab. Der Tumor dehnt sich dadurch immer weiter aus. Gleichzeitig steigt das Operationsrisiko an. Die Operation sollte daher idealerweise innerhalb von 1–2 Wochen nach Diagnosestellung erfolgen.

Bei Glioblastomen besteht die derzeitige „Standardtherapie“ aus einer Kombination von

Aktuell gehen Experten davon aus, dass mindestens 80% des Tumors operativ entfernt werden müssen. Dann haben Patienten durch die Operation einen Überlebensvorteil.

Erst eine MRT-komplette Entfernung bringt jedoch einen deutlichen Überlebensvorteil mit sich.

Operation

Zur optimalen OP-Vorbereitung wird ein spezielles MRT zur möglichst genauen Beurteilung und Operationsplanung benötigt. Je nach Lokalisation kommen dann noch weitere Untersuchungen auf die Betroffenen zu.

Ziel der Operation

Die chirurgische Entfernung (Resektion) ist heute fester Bestandteil des Behandlungskonzeptes und dessen erster Schritt. Ein höheres Resektionsausmaß beeinflusst den Krankheitsverlauf günstig, insofern ist eine MRT-komplette Tumorresektion das Ziel der Operation. Desweiteren reduziert die Entfernung des Tumors den Masseneffekt und damit auch gleichzeitig die Symptome.

Die operative Entfernung des Tumorgewebes ermöglicht ferner die histologische und molekularbiologische Untersuchung des jeweiligen Glioblastoms.

Zudem ist der Überlebensvorteil durch die Operation umso grösser, je mehr Tumor entfernt wird. Die Unterscheidung zwischen Tumor und Hirngewebe ist jedoch speziell im Randbereich oft schwierig.

Moderne Technologien

Daher kommen hier verschiedene moderne Technologien zum Einsatz. Dazu gehört etwa eine mikroskopgesteuerte Bildführung, die sogenannte Neuronavigation mithilfe eines GPS-ähnlichen Verfahrens für millimetergenaue Operationen.

Das leistungsstarke Operationsmikroskop erlaubt echte Feinarbeit am Gehirn. Am Operationsmikroskop lassen sich

  • vor der Operation eingezeichnete Faserbahnen,
  • der Tumor selbst und
  • weitere wichtige Zentren

virtuell einblenden und auf die Kopfoberfläche projizieren (Abb. 3). Durch diese „Augmented Reality“ kann sich der Chirurg besser orientieren und den Zugang zum Tumor maßgeschneidert vorausplanen. Er geht dabei vom Grundsatz "so klein wie möglich, aber so groß wie nötig" aus.

Glioblastom abb3 OP-Mikroskop
Abb. 3: Virtuelle Realität durch Einblendung des eingezeichneten Tumors und der Faserbahnen im Operationsmikroskop. In der Mitte ist ein Streifen Haut sichtbar, dieser wurde vor Beginn der Operation rasiert, desinfiziert und mit Folie abgedeckt. Darauf überlagert sich in rot der Tumor und farbig die wichtigen Faserbahnen. [Quelle: Prof. Dr. Andreas Raabe, Inselspital Bern]

Qualitätskontrolle nach der OP

Nach dem Eingriff wird nach 24 bis 48 Stunden ein MRT-Bild zur Qualitätskontrolle angefertigt.

Glioblastome wachsen sehr diffus in das Hirngewebe ein. Daher bleiben auch nach einer im MRT „kompletten“ Resektion stets ein paar Tumorzellen zurück. Diese müssen durch eine nachfolgende Bestrahlungs- und Chemotherapie zerstört werden. Das bedeutet, es gibt unabhängig vom MRT-Bild immer eine Radiochemotherapie.

Wenn im frühen 24–48 h Kontroll-MRT Tumorreste sichtbar sind, sollten diese in einer zweiten Operation entfernt werden. Voraussetzung ist, dass es ihre Lage erlaubt. Häufig findet diese OP bereits am nächsten Tag statt.

Die Erfahrung zeigt hier, dass trotz aller technischen Hilfsmittel bei 5–10% der Patienten entfernbares Resttumorgewebe zurückbleibt. Eine zweite Operation ist in diesen Fällen sinnvoll. Die Experten des Inselspitals Bern (Schweiz) zum Beispiel konnten in einer Studie bei eigenen Patienten zeigen, dass

  • dies fast immer zur vollständigen Entfernung führt,
  • gut toleriert wird und
  • mit nur minimalem Risiko für die Patienten verbunden ist.

Der Krankenhausaufenthalt verlängerte sich dadurch lediglich um etwa zwei weitere Tage.

Verlauf und Prognose

Glioblastome gehören zur Gruppe der Grad-IV-Tumoren. Sie werden somit in die höchste Klassifizierungsstufe der WHO zur Beurteilung von Tumoren eingeordnet.

Die Prognose wird deutlich von der schnell darauffolgenden Therapie und vor allem der chirurgischen Tumorentfernung verbessert. Die beiden Säulen der Glioblastombehandlung sind

  • die kontrollierte und sichere Entfernung des Tumors und
  • die kombiniert eingesetzte Strahlen- und Chemotherapie.

Zur Lebenserwartung kann nach dem aktuellen Forschungsstand bereits jetzt eine verbesserte Zahl der Patienten mit Langzeitüberleben festgestellt werden. Im Durchschnitt können heute bei optimalen und individuell angepassten Therapiebedingungen Lebenserwartungen von 2 Jahren oder mehr erreicht werden.

Die individuelle Prognose hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Die folgende Liste zeigt einige dieser Faktoren, von denen angenommen wird, dass sie sich positiv auf die Prognose auswirken, wie z. B.:

  • jüngeres Alter,
  • guter Allgemein- oder Leistungszustand,
  • keine Ausfälle neurologischer Teilfunktionen vor der Operation,
  • kurze Zeit bis zur Operation, d.h. frühestmögliche Tumor-Entfernung,
  • minimale oder keine Steriodgabe (Dexamethason) vor und nach der Operation,
  • keine Ausfälle neurologischer Teilfunktionen nach der Operation, insbesondere keine Lähmungen oder Teillähmungen, die als Komplikation einer Operation entstanden,
  • komplette Tumorentfernung im T1-Kontrastmittel-MRT,
  • keine Komplikation bei/nach der Operation.

Für die einzelnen Patienten ist nur eine grobe Schätzung des zeitlichen Verlaufes, aber keine exakte Vorhersage möglich ist. Alle dabei genannten Zahlen basieren letztlich auf dem „Durchschnittswert“ einer großen Anzahl Patienten und lassen keinen Rückschluss auf Einzelpatienten zu.

Ein Wort zu Methadon

In den vergangenen Jahren wurde vermehrt das Thema Methadon im Zusammenhang mit dem Glioblastom diskutiert. In Internetforen finden sich viele Beiträge dazu, während im gleichen Zusammenhang Standardtherapien kritisiert werden.

Die Annahme, dass Methadon hilft, basiert jedoch nicht auf systematischen, wissenschaftlich erhobenen und öffentlich zugänglichen Daten. Bis heute gibt es keinen Nachweis für die Wirksamkeit der Methadontherapie bei Glioblastomen.

Des Weiteren ist Methadon nicht ohne Nebenwirkungen und kann die Lebensqualität bei unsachgemäßem Gebrauch erheblich einschränken. In diesem Zusammenhang sei zusätzlich auf die Stellungnahme der Deutschen Neuro-Onkologischen Arbeitsgemeinschaft verwiesen.

Zusammenfassung

Das Glioblastom zählt zu den bösartigsten Hirntumoren. Es entwickelt sich in relativ kurzer Zeit. Betroffen sich vor allem Menschen mittleren Alters. Welche Risikofaktoren bestehen ist weitestgehend unbekannt.

Die humanmedizinische Literatur beschränkt sich lediglich auf die Feststellung von Vermutungen, die nicht über das Stadium einer Theorie hinausgehen.

Trotz intensiver Behandlungsmethoden liegt die Lebenserwartung bei der Hälfte der Betroffenen bei nur bei 1-2 Jahren nach Diagnosestellung. Die andere Hälfte der Patienten lebt länger. Die Krankheit bleibt aber unheilbar, trotz der Fortschritte in der modernen Medizin und Forschung.

Quellen

  • hirntumorhilfe.de/hirntumor/tumorarten/glioblastom/ [zuletzt aufgerufen am 02.09.2019]
  • Inskip PD et al., Cellular-telephone use and brain tumors. N Engl J Med 2001; 344: 79–86
  • Jakola AS et al., Surgical resection versus watchful waiting in low-grade gliomas. Ann Oncol 2017; 28: 1942–1948
  • krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/hirntumor/astrozytome-und-glioblastome.html [zuletzt aufgerufen am 02.09.2019]
  • krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/krebs-durch-handys-mobilfunk-elektrosmog.php
  • Lahkola A et al., Mobile phone use and risk of glioma in 5 North European countries. Int J Cancer 2007; 120: 1769–1775
  • S2k-Leitlinie „Gliome“ (AWMF: 030/099) [derzeit in Überarbeitung voraussichtl. bis Ende 2019]
  • Schucht P et al., Early re-do surgery for glioblastoma is a feasible and safe strategy to achieve complete resection of enhancing tumor. PLoS One 2013; 8 :e79846
  • Fachliche Unterstützung und Beratung: Prof. Dr. Andreas Raabe und Kollegen vom Inselspital Bern (Schweiz)
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