Harninkontinenz: Informationen & Inkontinenz-Spezialisten

12.10.2022

Harninkontinenz oder Blasenschwäche ist die Bezeichnung für einen ungewollten Harnverlust. Man kann verschiedene Formen der Harninkontinenz unterscheiden. Am verbreitetsten sind die Drang-, Stress- und Belastungsinkontinenz sowie die Überlaufinkontinenz. Meistens sind Frauen betroffen.

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Harninkontinenz-Spezialisten und Zentren.

ICD-Codes für diese Krankheit: R32

Empfohlene Harninkontinenz-Spezialisten

Kurzübersicht:

  • Was ist Harninkontinenz? Kommt es zu ungewolltem Urinverlust, spricht man von Harninkontinenz
  • Formen: Je nach Auftreten des Urinverlusts unterscheidet man hauptsächlich zwischen Stressinkontinenz, Draninkontinenz und Belastungsinkontinenz.
  • Diagnose: Der Arzt muss zunächst klären, ob und welche körperlichen Ursachen vorliegen können, etwa Entzündungen. Dazu kommen ein Streifentest, Ultraschall, der Hustentest und ggf. eine urodynamische Untersuchung zum Einsatz.
  • Muss eine Behandlung erfolgen? Fühlt sich die Patientin in ihrer Lebensqualität eingeschränkt, sollte sie ihren Frauenarzt aufsuchen und die Thematik ansprechen. Wenn die Symptome sie nicht belasten, ist keine Behandlung notwendig.
  • Behandlung: Die Therapie hängt von der Form der Inkontinenz ab und kann sowohl Medikamente als auch eine Physiotherapie oder eine OP umfassen.

Artikelübersicht

Frauen sind von Harninkontinenz häufiger betroffen als Männer. Die Anatomie des Beckens unterscheidet sich bei den Geschlechtern und der weibliche Beckenboden ist dehnbarer. Schwangerschaften und Geburten strapazieren den Beckenboden zusätzlich.

Formen der Harninkontinenz

Die Stressinkontinenz ist der Urinverlust bei körperlicher Belastung. Sie zeigt sich, wenn der Druck im Bauch den Druck in der Harnröhre überschreitet. Oft ist die Ursache ein Ausreißen des Aufhängeapparates der Harnröhre, wodurch der Harnröhre ihr Widerlager fehlt.

Die Dranginkontinenz wird definiert durch

  • häufiges Wasserlassen,
  • ständigen Harndrang und
  • manchmal auch eine spontane Entleerung.

Dranginkontinenz kann sowohl körperlich als auch seelisch verursacht sein.

Diese beiden Formen der Harninkontinenz treten am häufigsten auf. Manchmal können auch beide vorliegen.

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Wer muss behandelt werden?

Harninkontinenz muss nur selten zwingend behandelt werden. Darüber hinaus spielt auch das persönliche Befinden und der Umgang damit eine wichtige Rolle.

Manche Betroffene empfinden es als keinen großen Verlust von Lebensqualität, wenn sie mehrmals am Tag ihre Inkontinzenvorlage wechseln müssen. Für andere dagegen lamm schon ein tröpchenweiser Urinverlust eine schwere Einschränkung ihrer Lebensqualität darstellen.

Der Arzt darf nicht seine eigene Einschätzung der Schwere der Inkontinenz zum Maßstab machen. Es entscheidet also nicht der Arzt, ob der Patient behandelt werden muss oder nicht. Stattdessen obliegt die Entscheidung dem Patienten, und der Arzt berät ihn zu den möglichen Therapieoptionen.

Diagnose einer Harninkontinenz

Sehr wichtig ist das Gespräch zwischen Arzt und dem Patient, die Anamnese. So können nicht nur die Beschwerden, sondern auch ein Teil der Ursachen, z.B. bestimmte Medikamente, identifiziert werden.

Danach folgt ein Streifentest. Mittels eines Teststreifens, der in frischen Urin getaucht wird, lässt sich diagnostizieren, ob eine Harnwegsentzündung vorliegt.

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Teil der Diagnose ist bei Frauen auch eine gynäkologische Untersuchung mit Ultraschall. Dies dient vor allem Feststellung begleitender Senkungszustände, etwa einer Beckenbodensenkung. Häufig wird dabei die gynäkologische Ultraschalldiagnostik mit einem Beckenbodenultraschall kombiniert.

Manche Patienten verlieren schon bei leichten Druckveränderungen im Körper Urin. Der Arzt kann den Patienten im Stehen und bei gefüllter Blase zum Husten auffordern. Daraus kann man den Schweregrad des Problems häufig schon deutlich ersehen.

In vielen Fällen muss eine sogenannte urodynamische Untersuchung gemacht werden. Dabei wird der Druck in der Harnblase und in der Harnröhre gemessen. Dadurch lassen sich verschiedene Inkontinenzformen unterscheiden und einteilen.

Für diese Untersuchungen gibt es in vielen Frauenkliniken und auch in urologischen Abteilungen besondere Spezialsprechstunden.

Therapie der Dranginkontinenz

Medikamentös

Die Dranginkontinenz lässt sich vor allem mit Medikamenten beeinflussen. Sie wirken auf die eigene Wahrnehmung der Blase („Ich bin voll!“) ein. Darüber hinaus hindern sie die Blase daran, sich spontan zusammenzuziehen.

Ältere Präparate haben leider auch eine starke Wirkung auf die Speicheldrüsen. Sie führen dadurch zu einer unangenehmen Mundtrockenheit. Neuere Präparate sind leider erheblich teurer. Sie wirken dafür aber nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip gezielt auf die Zellen in der Blase.

Häufig helfen die Medikamente sehr gut, müssen dazu aber auch langfristig eingenommen werden. Für Patienten, die nicht langfristig Tabletten einnehmen wollen, stehen auch Pflaster zur Verfügung.

Physiotherapie

Die Physiotherapie bei Dranginkontinenz umfasst

  • klassische Beckenbodenübungen,
  • Elektrostimulations- und
  • Biofeedbacktherapien.

Auch der sogenannte Blasendrill kann helfen. Hier üben die Patienten, beim ersten Harndrang noch etwas länger auszuhalten und so die Blase „zu erziehen“.

Diese Maßnahmen müssen in der Regel medikamentös begleitet werden, können dann aber sehr effektiv sein.

Beckenbodentraining
Gezieltes Beckenbodentraining hilft gegen Blasenschwäche © Iván Moreno | AdobeStock

Operativer Eingriff

Eine direkte operative Therapie der Dranginkontinenz existiert nicht. Möglichkeiten gibt es dennoch. Eine Operation für die Therapie nervlich bedingten Blasenfunktionsstörungen hat sich auch bei der Dranginkontinenz bewährt.

Dabei spritzt der Arzt in einer kurzen Vollnarkose einen speziellen Stoff in die Blasenwand. Die meisten Patienten erleben danach eine dramatische Besserung ihrer Probleme und können wieder ein normales Leben führen.

Die Wirkung der Behandlung klingt nach 6 bis 8 Monaten ab und kann dann wiederholt werden.

Therapie der Stressinkontinenz

Medikamente

Es gibt zwar auch Medikamente zur Behandlung der Stressinkontinenz. Aufgrund ihrer starken und sehr lästigen Nebenwirkungen werden sie aber selten eingesetzt.

Physiotherapie

Wie bei der Draninkontinenz hilft auch hier die Beckenbodengymnastik unter Einsatz von Biofeedbackgeräten. Damit können ähnliche Besserungsraten von über 70 % erreicht werden wie mit einer Operation. Hilfreich ist hier bei Frauen der begleitende Einsatz von Östrogenscheidenzäpfchen.

Das Prinzip der Physiotherapie ist das gleiche wie bei der Operation. Es soll ein verbessertes Widerlager für die Harnröhre erreicht werden.

Operativer Eingriff

Viele Patienten mit Stressinkontinenz benötigen trotz anderer Therapieversuche doch einen operativen Eingriff.

Die Operation soll ein Widerlager schaffen, damit der Druck in der Harnröhre den Druck in der Blase übersteigt. Die Harnröhre kann dann nicht mehr ausweichen. Zur besseren Vorstellung eine Analogie: Liegt ein Wasserschlauch auf dem Boden, können Sie drauftreten und damit den Wasserfluss unterbrechen. Hängt der Schlauch frei, funktioniert das nicht.

So wird bei den Operationen immer das gleiche versucht: Der Harnröhre Halt zu geben umd eine Unterlage zu schaffen.

Heute findet der Eingriff in der Regel minimal-invasiv statt. Von der Scheide aus werden spannungsfreie Bänder unter die Harnröhre gelegt.

Bei 70 bis 80 % der Patienten verbessern sich die Symptome danach. Zwei Tage nach der OP kann der Patient wieder nach Hause. Es bleiben nur minimale Narben zurück.

Eine andere Möglichkeit ist das Einspritzen von Polstern um die Harnröhre. Dazu ist ebenfalls eine kurze Operation nötig.

Welche Methode individuell die sinnvollste ist, entscheidet der Operateur gemeinsam mit dem Patienten.

Fazit zur Harninkontinenz

Urinverlust ist kein Schicksal, mit dem man sich abfinden muss. Den meisten Patienten kann geholfen werden.

Ein guter erster Ansprechpartner ist der Frauenarzt. Er kann seine Patienten ggf. an einen Spezialisten überweisen.

Den ersten Schritt muss der Patient aber selbst machen. Viele Patienten schämen sich unnötiogerweise wegen ihrer Symptome und gehen deswegen nicht zum Arzt.

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