Neuritis vestibularis - Medizinische Experten

26.03.2024
Leading Medicine Guide Redaktion
Autor des Fachartikels
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Bei einer Neuritis vestibularis ist der Gleichgewichtsnerv (Nervus vestibularis) entzündet. Die Folge sind Drehschwindelattacken, die häufig mit Übelkeit, Erbrechen und einem Nystagmus einhergehen. Im Folgenden finden Sie weitere Informationen zu Symptomen, Diagnose und Therapie der Neuritis vestibularis sowie Spezialisten für die Behandlung dieser Entzündung des Gleichgewichtsnervs.

ICD-Codes für diese Krankheit: H81.2

Empfohlene Spezialisten für Neuritis vestibularis

Artikelübersicht

Was ist eine Neuritis vestibularis?

Eine Neuritis vestibularis kann einen anhaltenden oder periodisch auftretenden starken Drehschwindel verursachen. Es handelt sich dabei um eine Entzündung des Gleichgewichtsnervs (Nervus vestibularis). Dieser kann deshalb die Impulse des Gleichgewichtsorgans im Innenohr nicht mehr korrekt an das Bewegungszentrum im Gehirn weiterleiten.

Es entstehen dadurch völlig unkontrollierbare Bewegungsempfindungen, die in der Regel einen starken und anhaltenden Drehschwindel beinhalten.

Unser Gleichgewichtsorgan (auch Vestibularapparat) besteht aus je drei, etwa 6 Millimeter großen, Bogengängen, die mit einer speziellen Lymphflüssigkeit gefüllt sind.

Die drei Bogengänge stehen jeweils senkrecht aufeinander. Jeder einzelne Bogengang verkörpert eine der drei Drehrichtungen um die Hoch-, Quer- und Längsachse im dreidimensionalen Raum. Die drei Bogengänge melden echte Drehbeschleunigungen an den Gleichgewichtsnerv.

Eine kleine Ampulle am Boden der Bogengänge erkennt und misst die Linearbeschleunigungen. So wie wir sie beispielsweise im Auto bei Beschleunigungen und beim Bremsen empfinden.

Typische Symptome einer Neuritis vestibularis

Die Drehschwindelattacke ist für Betroffene meist sehr unangenehm und kann bis zu sieben Tage oder länger anhalten. Die Drehschwindelattacken werden häufig von starker Übelkeit, Erbrechen und von einem Nystagmus begleitet.

Betroffene Menschen entwickeln meist ein stärkeres Krankheitsgefühl. Zudem besteht meist eine Fallneigung zur betroffenen Seite hin. Wenn der Gleichgewichtssinn des linken Innenohrs betroffen ist, besteht Fallneigung zur linken Seite.

Als Nystagmus bezeichnen Mediziner eine besondere Form von unkontrollierbaren Augenbewegungen (Augenzittern). Bei einer schnellen Drehung um die Hochachse wird die Umgebung unscharf. Die Augen versuchen reflexartig der Drehung zu folgen und ruckartig wieder zurückzuspringen (vestibulo-okulärer Reflex, VOR).

Dadurch können wir die Umgebung bei einer schnellen Drehung besser fixieren. Der Nystagmus läuft meist völlig unbemerkt ab. Auch der Drehschwindel kann einen Nystagmus auslösen, der allerdings analog zur Heftigkeit der Schwindelattacke ebenfalls stark ausgeprägt sein kann.

Das Bewegungszentrum in unserem Gehirn weiß in diesen Fällen nicht, dass die starke Drehempfindung nicht echt ist. Daher reagiert es mit der Initiierung eines „echten“ Nystagmus (wie bei einer realen Drehbeschleunigung).

Die Ursachen der Neuritis vestibularis

Als Ursache vermuten Mediziner eine virale Infektion oder eine Reaktivierung von Herpes simplex Typ 1 Viren. Die Vermutung lässt sich durch den Nachweis von Erbsubstanz (DNA) von diesem Virustyp in degenerativen Entzündungen des Vestibularnervs untermauern. Statistisch tritt eine auffällige Häufung der Erkrankung beim Menschen im Alter zwischen 50 und 60 Jahren auf.

Von allen Patienten, die sich aufgrund eines Drehschwindels in ärztliche Behandlung begeben, leiden nur 7 Prozent an der Neuritis vestibularis. Bei den übrigen Patienten haben ihre Drehschwindelattacken andere Ursachen. Risikofaktoren, die eine Neuritis vestibularis begünstigen, sind nicht bekannt.

Die Diagnose der Neuritis vestibularis

Die typischen, meist länger anhaltenden Drehschwindelattacken reichen für eine sichere Diagnose der Erkrankung nicht aus. Es gibt zu viele andere Ursachen für Schwindelattacken, so dass weitere Diagnoseverfahren notwendig sind.

Auch moderne, bildgebende Verfahren wie CT und MRT liefern keine abgesicherte Diagnose.

Einfache Tests (Kopfimpulstest) und eine rotatorische und thermische Prüfung des Vestibularapparates sowie wenige Ausschlusskriterien erlauben dagegen eine sichere Diagnose.

Der Kopfimpulstest ist ganz einfach ohne fremde Hilfsmittel durchführbar. Der Arzt hält den Patienten an, mit den Augen einen fernen Punkt zu fixieren.

Der Arzt nimmt den Kopf des Patienten in beide Hände und dreht ihn ruckartig nach rechts und nach links. Anhand der reflexartigen Augenbewegungen kann der Arzt eine sichere Aussage treffen, ob und welches der beiden Gleichgewichtsorgane nicht funktioniert.

Ein wichtiger Hinweis besteht darin, dass die Neuritis vestibularis niemals zusammen mit einem Tinnitus auftritt. Und an einem eventuell angefertigten Audiogramm zeigen sich keine Auffälligkeiten. Eine Störung des Vestibularapparates beeinträchtigt nicht das Hören. Die Erkrankung löst auch keinen Tinnitus aus.

Therapien für die Behandlung der Neuritis vestibularis

Begleitsymptome der Neuritis vestibularis wie häufiges Erbrechen erfordern zunächst eine Behandlung der Symptome und der Begleitsymptome. Das bedeutet, dass der behandelnde Arzt in den meisten Fällen zunächst Arzneimittel verabreicht, die weiteres Erbrechen (Antiemetika) vermeiden. 

Falls es durch das Erbrechen zu einem starken Flüssigkeits- und Elektrolytverlust kommt, kommt eine intravenöse Infusion zum Einsatz.

Zur Dämpfung des Drehschwindels stehen Anticholinergika sowie Antihistaminika und Benzodiazepine zur Verfügung. Die Arzneimittel dämpfen die Weiterleitung nervlicher Reize, was sich allerdings nicht nur auf den erkrankten Gleichgewichtsnerv beschränkt. 

Auch eine Kortikoid-Stoßtherapie kommt infrage. Dabei handelt es sich um eine kurzzeitige Behandlung mit Kortison oder kortisonähnlichen Arzneistoffen (Kortikoide). Diese sollten Patienten über einen Zeitraum von etwa drei Tagen nehmen. Kortison entfaltet eine entzündungshemmende Wirkung.

Betroffene sollten alle Therapieformen mit Bewegungs- und Gleichgewichtsübungen (Physiotherapie) begleiten. Die empfohlene Physiotherapie umfasst auch Augentraining wie Blickstabilisierungen und das Training des vestibulo-okulären Effektes.

Verlauf und Prognose

Bei medikamentöser Behandlung wie oben beschrieben klingt die akute Phase nach 3 bis 4 Tagen ab. Die Patienten können dann wieder ohne Hilfe gehen. 

Bis zum völligen Verschwinden der Symptome und der Wiederherstellung der Fitness kann es bis zu 7 Wochen dauern. Prinzipiell ist die Prognose als gut einzustufen. 

Falls sich das Gleichgewichtsorgan oder der Nervus vestibularis nicht vollständig regeneriert, hat das Gehirn Kompensationsmöglichkeiten. Daher bleiben meist keine Beeinträchtigungen des Gleichgewichtssinns zurück.

Zusammenfassung

Die Neuritis Vestibularis ist eine entzündliche Erkrankung des Gleichgewichtsnervs oder des Gleichgewichtsorgans im Innenohr. Bestimmte Herpes-Viren lösen die Erkrankung mit großer Wahrscheinlichkeit aus. 

Hauptsymptom ist ein heftiger Drehschwindel, der bis zu sieben Wochen anhalten kann.

Begleitsymptome sind meist:

  • Übelkeit mit Erbrechen
  • Eine Neigung zum Fallen sowie
  • Reflexartige Augenbewegungen (Nystagmus)

Das Hörvermögen ist durch die Krankheit nicht beeinträchtigt.

Als Therapie eignet sich eine medikamentöse Behandlung in Kombination mit mit einer Physiotherapie. Grundsätzlich ist die Prognose günstig.

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