Zystennieren - Informationen und Spezialisten

09.01.2024
Leading Medicine Guide Redaktion
Autor des Fachartikels
Leading Medicine Guide Redaktion

Zystennieren ist ein Sammelbegriff für bestimmte erblich bedingte Erkrankungen der Nieren. Bei diesen entwickeln sich in beiden Nieren zahlreiche flüssigkeitsgefüllte Hohlräume (Zysten). Diese wachsen mit der Zeit und vergrößern so die Nieren, während sie zugleich das normale Nierengewebe verdrängen. In der Folge kommt es zu einer erheblichen Einschränkung der Nierenfunktion bis hin zum chronischen Nierenversagen.

Erfahren Sie hier mehr über die Symptome, Diagnose und Therapie dieser Nierenerkrankung und finden Sie ausgewählte Spezialisten für Zystennieren.

ICD-Codes für diese Krankheit: Q61

Empfohlene Spezialisten für Zystennieren

Artikelübersicht

Formen von Zystennieren

Mediziner bezeichnen Zystennieren als polyzystische Nierenerkrankung (engl. polycystic kidney disease, PKD). Sie unterscheiden zwischen zwei Hauptformen:

  • Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD): Diese Form ist die häufigste Zystennierenerkrankung und betrifft Erwachsene.
  • Autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD): Die Form ist viel seltener, betrifft Kinder und geht mit einer niedrigen Lebenserwartung einher.

Typische Beschwerden bei Zystennieren

Da sich die Zysten allmählich vergrößern, verursacht die ADPKD lange Zeit keine Beschwerden. Die ersten Symptome zeigen sich im Erwachsenenalter zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Dabei ist in vielen Fällen ein Bluthochdruck (Hypertonie) wegweisend. Betroffene bemerken als Erstes häufig Schmerzen in den Flanken, Leisten, im Rücken oder auch in der Bauch- und Magengegend.

In vielen Fällen bluten die Zysten und der Urin verfärbt sich rötlich (Hämaturie). Zudem sind die Zysten ein optimaler Nährboden für Bakterien, weshalb es insbesondere bei Frauen zu wiederholten Harnwegsinfektionen kommt.

Stören die Zysten den Harnabfluss, kristallisieren sich Bestandteile des Harns aus und es entstehen Nierensteine. Daneben leiden viele Betroffene unter Beschwerden wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit.

Auch Krämpfe in den Beinen und ein vergrößerter Bauchumfang beobachten die Betroffenen. Im späteren Verlauf führt die Erkrankung zusätzlich zu Atemproblemen, die lebensgefährlich sind.

Bei der ARPKD sind die Symptome ähnlich. Allerdings treten sie früher, im Neugeborenen- und Kindesalter, auf.

Gesunde Niere und Zystenniere im VergleichGesunde Niere und Zystenniere im Vergleich @ designua /AdobeStock

Wie Zystennieren entstehen

Die Ursache für Zystennieren liegt in einer Veränderung des Erbguts (Gene). Etwa zwei Drittel der Betroffenen haben die Erkrankung von Geburt an. Sehr selten entstehen Zystennieren, weil die Gene spontan nach der Befruchtung mutieren.

Bei der ADPDK ist eines der beiden PKD-Gene – PKD1 und PKD 2 von einer Mutation betroffen. Die beiden Gene regulieren die Bildung der Membraneiweiße Polycystein-1 und Polycystein-2.

Diese Eiweiße spielen beim Aufbau der Nierenstruktur eine wichtige Rolle. Sind diese Eiweiße aufgrund von Mutationen fehlerhaft, entwickeln sich in beiden Nieren viele Zysten.

Dabei führt eine Mutation auf dem PDK1-Gen in 85 bis 90 Prozent der Fälle zu einem schweren Verlauf und Nierenversagen.

Bei der ARPKD ist ein anderes Gen für die Erkrankung verantwortlich, das PKHD1 (polycystic kidney and hepatic disease 1). Dieses ist an der Bildung des Proteins Fibrocystin beteiligt. Liegt eine Veränderung des Gens vor, kommt es bereits vor der Geburt zur Zystenbildung. Daher schreitet die Erkrankung schneller voran.

Bei dem dominant-autosomalen Erbgang der ADPKD ist nur ein Elternteil Träger der Erkrankung.

Bei dem autosomal-rezessiven Erbgang der ARPKD muss das Gen auf dem mütterlichen und dem väterlichen Chromosom mutiert sein.

Daher liegt die Erkrankungswahrscheinlichkeit bei ADPKD bei 50 Prozent (das dominante Gen setzt sich durch). Bei der ARPKD bei 25 Prozent (die rezessiven Gene setzen sich nur im Paar durch).

In allen Fällen bilden sich übermäßig Epithel im Sammelrohr (feines Rohr zum Abfluss des Harns), sodass Zysten entstehen.

Anamnese und Bildgebung bei der Diagnose

Der Arzt diagnostiziert Zystennieren anhand der Anamnese und Bildgebung.

Bei der Anamnese konzentriert er sich auf die Familienanamnese, da 70 Prozent der Betroffenen Angehörige mit ähnlicher Erkrankung haben.

 Bei der körperlichen Untersuchung tastet er die vergrößerten Nieren ab und misst den Blutdruck.

Ist die Familienanamnese positiv, die vergrößerten Nieren ertastbar und/oder der Blutdruck erhöht, lässt der Arzt eine Urinanalyse durchführen. Die Urinanalyse dient zur Kontrolle der Nierenwerte. Diese müssen allerdings nicht auffällig sein.

Die Diagnose sichert der Arzt schließlich mithilfe einer Ultraschallaufnahme (Oberbauchsonogramm) ab. Bei dieser sieht er die vergrößerten Nieren sowie vorliegende Zysten

Ist das Ultraschallbild nicht eindeutig, führt er zusätzlich eine Computertomographie durch. Damit kann der Arzt nicht nur die Nierenvergrößerung, sondern auch die Zysten sowie eventuelle Einblutungen feststellen. 

Bei Neugeborenen genügt der Nachweis einer einzelnen Zyste als Absicherung, wenn die Familiengeschichte bekannte Fälle aufweist.

Behandlung von Zystennieren

Zystennieren müssen Sie behandeln lassen, da sich andernfalls die Nierenfunktion verschlechtert. Die Maßnahmen der Behandlung zielen darauf ab, die Beschwerden zu lindern und ein Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.

Wichtig ist die Behandlung des Bluthochdrucks, da dieser die Nieren zusätzlich schädigt und den Erkrankungsverlauf beschleunigt. Hierzu verschreibt der Arzt Blutdrucksenker wie ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker. Vorliegende Harnwegsinfektionen behandelt er zusätzlich mit Antibiotika.

Sind die Nieren nicht mehr in der Lage, ihre Funktion zu erfüllen (terminale Niereninsuffizienz), ist eine Dialyse (Blutwäsche) erforderlich. Auch eine Nierentransplantation erwägt der Arzt in diesen Fällen.

Dialyse bei ZystennierenDialyse bei Zystennieren @ Lumos sp /AdobeStock

Optimale Behandlung durch fachübergreifendes Team

Da die Erkrankung häufig auch andere Organstrukturen betrifft, beteiligen sich bei der Behandlung verschiedene Fachärzte:

  • Oft zeigen sich Zysten an der Leber (30 bis 50 Prozent der Fälle) oder Bauchspeicheldrüse (10 Prozent). Zuständig sind hier Gastroenterologen oder Hepatologen.
  • Daneben treten oft Herzprobleme wie Herzklappenstörungen (25 bis 30 Prozent der Betroffenen) auf, um die sich ein Herzchirurg kümmert.
  • Ein Nierenspezialist (Nephrologe) koordiniert das interdisziplinäre Team. Dieser führt auch die regelmäßigen Verlaufskontrollen anhand von Ultraschall und Nierenparametern durch.

Verlauf und Prognose bei Zystennieren

Zystennieren zeigen trotz Behandlung einen fortschreitenden Verlauf, der nach 8 bis 13 Jahren nach Diagnosestellung zur Dialysepflichtigkeit führt. 

Die Hälfte der ARPKD-Betroffenen ist ab dem 50. Lebensjahr dialysebedürftig. Die andere Hälfte erreicht das 70. Lebensjahr, ohne eine Dialyse zu benötigen. 

Dabei gilt: Je früher die Symptome auftreten, desto schneller schreitet die Erkrankung voran.

Die durchschnittliche Lebenserwartung von ARPKD-Patienten liegt bei 10 Jahren. 50 Prozent der betroffenen Kinder sterben bereits im Neugeborenenalter.

Fazit

Zystennieren sind eine ernste Erkrankung der Nieren. Da sie erblich bedingt sind, kann der Arzt sie nicht kausal behandeln. Er beschränkt sich daher nur auf die symptomatische Therapie. Sie schreitet graduell voran und führt schließlich zu Nierenversagen und Dialysepflichtigkeit.

Quellen

Karges, W./Al Dahouk, S. (2011): Innere Medizin…in 5 Tagen. Heidelberg: Springer Medizin.
Klein, S. (2020): Polyzystische Nierenerkrankung. (URL: https://www.gelbe-liste.de/krankheiten/polyzystische-nierenerkrankung - zugegriffen am 11.05.2022)
Piper, W. (2013): Innere Medizin. Heidelberg: Springer Medizin.
Whatsapp Facebook Instagram YouTube E-Mail Print