Dass unser Blut gerinnen kann, ist essenziell für die Wundheilung. Durch die verklumpenden Eigenschaften des Blutes verschließen sich Wunden schnell wieder, sichern den Körper gegen schädliche Einflüsse von außen und ermöglichen die Heilung.
Manchmal kommt es vor, dass Blut nicht an einer Wunde verklumpt, sondern innerhalb der Adern. Zunächst bildet sich – ausgelöst durch die unterschiedlichsten Faktoren – ein winziges Blutklümpchen. Meist kann der Körper dieses wieder auflösen, doch manchmal gelingt es ihm nicht. In einem solchen Fall kann sich das Blutklümpchen weiter vergrößern und ein Gerinnsel (Thrombus) bilden, das schließlich im schlimmsten Fall ein Blutgefäß verstopft.
Die Ursachen für die Bildung solcher Gerinnsel sind vielfältig:
- Wenn an der inneren Wand eines Blutgefäßes Schäden auftreten, setzt die Blutgerinnung ein, um die Verletzung zu schließen. Dabei entsteht oft auch ein Gerinnsel im Blutgefäß, das dieses verstopfen kann.
- Verschiedene Blutgerinnungsstörungen führen zu Gerinnseln innerhalb der Blutgefäße.
- Infusionsschläuche oder Schrittmacherkabel in Blutgefäßen können ebenfalls Gerinnsel entstehen lassen.
- Längere Inaktivität, zum Beispiel durch zu langes und beengtes Sitzen, Bettlägerigkeit oder Lähmungen, kann zu einer Thrombose beitragen. Das ist der Grund, warum man nach einer Operation oder während einer langen Flugreise stets Kompressionsstrümpfe tragen sollte.
- Auch einige Herzkrankheiten begünstigen die Entstehung von Blutgerinnseln.
- Weitere Risikofaktoren sind bestimmte Medikamente (zum Beispiel die „Pille“ oder Hormonersatztherapien), Übergewicht, Rauchen, eine Schwangerschaft, Krebserkrankungen und Flüssigkeitsmangel.
Je nachdem, wo sich ein Blutgerinnsel befindet, kann es unterschiedliche Probleme verursachen, die teilweise lebensbedrohlich werden können. Setzt das Gerinnsel eine Hirnarterie zu, kann es zu einem
Schlaganfall kommen. In einem Herzkranzgefäß führen Gerinnsel häufig zu einem
Herzinfarkt. Wird ein Thrombus in die Lunge gespült, kann es dort zu einer gefährlichen
Lungenembolie kommen. In den Beinen ziehen verengte und/oder verschlossene Arterien oftmals die sogenannte
Schaufensterkrankheit nach sich, die mit starken Schmerzen einhergeht. Wird eine
Thrombose rechtzeitig festgestellt, kann man sie durch die Gabe spezieller Medikamente meist auflösen. Gelingt das nicht, kann eine Thrombektomie lebensrettend sein.
Eine Thrombektomie kommt in erster Linie als
Notfallbehandlung bei einem
schweren Schlaganfall oder einem
Herzinfarkt infrage. Wenn sich ein Blutgefäß innerhalb des Gehirns oder am Herzen so zugesetzt hat, dass sich der Thrombus medikamentös nicht oder nicht schnell genug auflösen lässt, muss diese mechanische Therapieform unter Umständen eingesetzt werden. Das ist vor allem bei sehr großen Blutgerinnseln ab etwa einem Zentimeter Länge der Fall. Besonders häufig kommt die Thrombektomie bei einem Schlaganfall zum Einsatz, vor allem bei jüngeren Patienten oder in besonders schweren Fällen. Eine schnelle Wiederherstellung des nötigen Blutflusses kann schwere Behinderungen und Todesfälle vermeiden. Ob die Thrombektomie Erfolg versprechend ist, muss jedoch individuell geprüft werden. Entscheidend ist zum Beispiel der Behandlungszeitraum: Die Operation muss innerhalb weniger Stunden nach dem Herzinfarkt oder Schlaganfall durchgeführt werden, um bleibende Schäden verhindern zu können. Zudem darf das bereits geschädigte Hirn- oder Herzareal nicht zu groß sein. Unter Umständen kann die Thrombektomie auch bei einer zugesetzten Beinvene eingesetzt werden.
Bei einer Thrombektomie wird ein sehr dünner
Katheter von der Leiste oder vom Arm aus in das betroffene Blutgefäß eingeführt, durch das Blutgerinnsel hindurch. Dann schiebt man einen sogenannten
Stent-Retriever, ein elastisches Drahtgeflecht, am Katheter entlang. Beim Zurückziehen des Katheters entfaltet sich dieses Drahtgeflecht. Das Blutgerinnsel verfängt sich darin und kann mit dem Katheter herausgezogen beziehungsweise abgesaugt werden. Dadurch fließt das Blut wieder ungehindert und versorgt die betroffenen Körperareale mit Sauerstoff. Die Thrombektomie wird meist in Vollnarkose durchgeführt, teilweise auch mit örtlicher Betäubung. Es handelt sich noch nicht um einen Routineeingriff, sondern um eine
Akutmaßnahme, die nur in spezialisierten Kliniken durchgeführt wird. Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung ist, dass rund um die Uhr Spezialisten für hochwertige Bildgebungsverfahren und die Durchführung der Operation verfügbar sind. Das ist bislang noch nicht in allen Kliniken der Fall. Allerdings setzt sich die Methode vor allem in der Schlaganfallbehandlung in den letzten Jahren immer weiter durch, sodass viele Patienten in Spezialkliniken und -abteilungen für
Neuroradiologie überwiesen werden können, wo eine Thrombektomie erfolgen kann.
Bei der Thrombektomie sind kaum ernsthafte Risiken zu befürchten. In seltenen Fällen kann ein Gefäß verletzt oder ein Gerinnsel im Körper verschleppt werden. Die Folgen sind jedoch für die Patienten kaum spürbar und können meist sofort behoben werden. Sickert allerdings durch ein verletztes Gefäß Blut in das umliegende Hirngewebe, drohen zusätzliche Schäden. Natürlich bestehen auch durch die Narkose und den Eingriff selbst gewisse Risiken, bei lebensbedrohlichen Gefäßverschlüssen überwiegt jedoch stets der medizinische Nutzen.
War die Thrombektomie erfolgreich und fließt das Blut wieder durch die zuvor verschlossenen Blutgefäße, verschwinden die Symptome eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls häufig sehr schnell. Weitere Behandlungen der bestehenden Folgen sind dennoch notwendig. Zudem sollte durch die Gabe spezieller Medikamente die Gefahr einer erneuten Gerinnselbildung so weit wie möglich reduziert werden. Welche Therapieformen, Medikamente und Nachbehandlungen nötig sind, wird im Einzelfall entschieden.