Radikale Orchiektomie: Spezialisten & Infos

Die radikale Orchiektomie oder auch Ablatio Testis bezeichnet die operative Entfernung des Hodens. Dieser Eingriff ist bei verschiedenen Hodenerkrankungen, wie zum Beispiel dem Hodenkrebs, eine notwendige Behandlungsmethode.

Weitere Informationen zur radikalen Orchiektomie, den verschiedenen Operationstechniken und ihren Folgen erhalten Sie weiter unten.

Empfohlene Spezialisten für eine radikale Orchiektomie

Artikelübersicht

Radikale Orchiektomie - Weitere Informationen

Bei der radikalen Orchiektomie wird der paarig angelegte Hoden entweder einseitig (unilateral) oder auf beiden Seiten (bilateral) entfernt.

 Diese chirurgische Form der Kastration führt zu einer dauerhaften Unfruchtbarkeit (auch genannt „irreversible Infertilität“). Der Betroffene kann jedoch zuvor Spermien einfrieren lassen (Kryokonservierung). Dadurch kann er sich einen späteren Kinderwunsch mittels künstlicher Befruchtung doch noch erfüllen.

Das Keimgewebe der Hoden produziert den größten Anteil des Sexualhormons Testosteron. Nach einer radikalen Orchiektomie senkt sich daher der Testosteronspiegel um bis zu 90 Prozent auf Werte unter 50ng/dl im Serum. Bei einer beidseitigen Orchiektomie muss der Patient deswegen dauerhaft eine Testosteron-Ersatztherapie durchführen.

Der chirurgisch entfernte Hoden kann gegebenenfalls durch ein Implantat ersetzt werden.

Wann wird eine Orchiektomie durchgeführt?

Eine Orchiektomie erfolgt in aller Regel in den folgenden Fällen:

  • bei Hodenkrebs (radikale Tumorchirurgie bei testikulärem Keimzellkarzinom),
  • als Hormonentzugstherapie bei fortgeschrittenem Prostatakrebs (sogenannte androgenablative Behandlung eines fortgeschrittenem Prostatakarzinoms),
  • bei einer irreversiblen, also nicht umkehrbaren Störung der Hodenfunktion,
  • bei Männern hohen Alters als letztes Mittel bei regelmäßig wiederkehrender Leistenhernie (Leistenbruch).

Anatomie des Mannes
Bei einer Orchiektomie werden die Hoden ganz oder teilweise entfernt © Henrie / Fotolia

Welche Formen der Orchiektomie gibt es?

Generell stehen drei Formen der Orchiektomie zur Verfügung. Der Arzt wählt die Operationstechnik anhand des individuellen Behandlungsfalls aus. Im Detail unterscheiden sich die Orchiektomie-Verfahren in ihrem operativen Zugang zum Hodengewebe und dem Ausmaß des entfernten Gewebes:

  • die einfache Orchiektomie,
  • die subkapsuläre Orchiektomie und 
  • die inguinale Orchiektomie.

Die einfache Orchiektomie

Voraussetzungen für eine einfache Orchiektomie sind

  • eine nicht umkehrbare (irreversible) Erkrankung des Hodens, aber
  • keine maligne (bösartige) Ursache wie eine Krebserkrankung.

Hierzu gehören insbesondere

  • eine deutliche Verkleinerung eines oder beider Hoden infolge einer Verdrehung dess Hodens (sogenannte Hodenatrophie durch Hodentorsion),
  • eine Hodenentzündung mit Eiteransammlung im Gewebe (sogenannte abszedierende Orchitis) und
  • ein im Leistenkanal liegender Hoden, dessen Lage sich bis ins Erwachsenenalter nicht normalisiert hat (sogenannter persistierender Leistenhoden).
Zudem wird die einfache Orchiektomie bei transsexuellen Frauen im Rahmen einer geschlechtsangleichenden Operation angewendet ("GAOP Mann zu Frau").

Bei der einfachen Orchiektomie setzt der Operateur einen kleinen Schnitt in die Mitte des Hodensacks (Skrotum). Er durchtrennt schichtweise die darunterliegenden Hodenhüllen. Anschließend entfernt er die Hoden und einen Teil des Samenstrangs, bevor er Hodensack und Zugang wieder vernäht.

Auf Wunsch können bereits während der Operation Hodenimplantate eingesetzt werden. Dadurch behält der Hodensack den Eindruck von vorhandenen Hoden.

Die subkapsuläre Orchiektomie

Die subkapsuläre Orchiektomie (Hormonentzugstherapie) wird vor allem bei Prostatakrebs durchgeführt. Sie dient als Alternative zur medikamentösen Behandlung.

In fast allen Fällen von Prostatakrebs benötigen die Krebszellen für ihr Wachstum männliche Geschlechtshormone. Das sind sogenannte Androgene wie Testosteron. Fehlen durch die Behandlung diese Geschlechtshormone, kann der Tumor nicht mehr so schnell wachsen. Das verlangsamt den Fortschritt der Krebserkrankung.

Dies geschieht entweder

  • medikamentös durch sogenannte Antiandrogene oder
  • durch die Entfernung der hormonproduzierenden Hodenanteile im Rahmen einer subkapsulären Orchiektomie.

Die subkapsuläre Orchiektomie ähnelt der einfachen Orchiektomie. Allerdings wird dabei nicht der gesamte Hoden, sondern lediglich das jeden Hoden umgebende Drüsengewebe entfernt. Das hat den Vorteil, dass

  • die Hodenhülle und -kapsel (Tunica albuginea),
  • der Nebenhoden und
  • der Samenstrang

erhalten bleiben. Durch diese Methode ändert sich das Erscheinungsbild des Hodens und dessen Haptik nicht wesentlich. Der Patient benötigt also kein Implantat.

Der Eingriff kann grundsätzlich ambulant durchgeführt werden. Dabei wird zunächst am Hodensack ein kleiner Hautschnitt durchgeführt (skrotale Inzision) und die Hodenhüllen eröffnet. Anschließend schiebt der Operateur das Hodenparenchym (Keimgewebe) vorsichtig mit einem kleinen Stieltupfer oder dem Finger von der Innenseite der Hodenkapsel. Nun trennt er das noch an der Mittellinie fixierte Keimgewebe mit dem Elektrokauter ab.

Abschließend erfolgt eine sorgfältige Blutstillung und der Operateur vernäht Hodenkapsel und Hodensack.

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Hoden-Entfernung mittels eines Leistenschnitts (inguinale Orchiektomie). Dabei wird der Samenstrang durchtrennt und der Hoden entfernt © Cancer Research UK / Wikimedia Commons

Die inguinale Orchiektomie

Die inguinale Orchiektomie wird bei Hodenkrebs eingesetzt und bedeutet die Entfernung der Hoden über die Leiste (lat. das Inguen). Durch diesen Zugang können die testikulären Lymph- und Blutgefäße frühzeitig kontrolliert werden, während zugleich eine Verletzung des Hodensacks vermieden wird. Auch eine Hodenprothese kann über den Leisten-Zugang vergleichsweise einfach und komplikationsarm eingebracht werden.

Von Hodenkrebs sind zumeist junge Männer zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr betroffen. Durch das Ertasten einer Hodenvergrößerung stellen die Betroffenen häufig eine Verdachtsdiagnose. Sie kann durch weitere ärztliche Untersuchungen erhärtet werden kann. Das können beispielsweise unter anderem Ultraschall oder auch eine Analyse der Blutmarker sein.

Bei einem krebsverdächtigen Befund wird der Hoden operativ über die Leiste freigelegt. Nach einem feingeweblichen Schnellbefund wird er entsprechend weiterbehandelt.

Der Operateur setzt bei dieser Operationstechnik zunächst einen Schnitt in der Leiste. So legt er die den Hoden versorgenden Blutgefäße und den Samenstrang frei und unterbindet sie.

Im nächsten Schritt wird der Hoden aus dem Hodensack herausgelöst und das tumorverdächtige Gewebe organerhaltend entfernt. Das Gewebe geht danach zur feingeweblichen Begutachtung (Schnellschnittdiagnose) an einen Pathologen.

Ist der Befund gutartig, wird der Hoden wieder in den Hodensack zurückgelegt (Reposition des Hodens). Bei Vorliegen einer bösartigen Geschwulst wird der betroffene Hoden chirurgisch entfernt (radikale Orchiektomie).

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