Zystozele: Spezialisten und Informationen zur Blasensenkung

03.04.2023
Prof. Dr. med. Christl Reisenauer
Medizinische Fachautorin
Prof. Dr. med. Amadeus Hornemann, MPH
Medizinischer Fachlektor

Bei der Blasensenkung (lat. descensus vesicae) handelt es sich um eine häufige Erkrankung des unteren Harntrakts. Der Mediziner spricht von einer Blasensenkung oder auch Zystozele, wenn sich die Blase nach unten in Richtung des Beckenbodens verlagert. Die Senkung der Harnblase ist eine Folge einer Senkung der Scheide, da die Harnblase vor der Scheide liegt.

Im Folgenden finden Sie weitere Informationen zur Blasensenkung sowie ausgewählte Zystozele-Spezialisten.

ICD-Codes für diese Krankheit: N81.1

Empfohlene Zystozele-Spezialisten

Kurzübersicht:

  • Was ist eine Blasensenkung? Verlagert sich die Harnblase im Körper weiter unten als bei gesunden Menschen, spricht man von einer Blasensenkung (Zystozele). Frauen sind häufiger betroffen.
  • Ursachen: Eine Bindegewebsschwäche, Dehnungen bei einer Geburt oder dabei auftretende Verletzungen, sowie durch während der Wechseljahre kann der Beckenboden erschlaffen, so dass sich die Gebärmutter und die Harnblase nach unten verlagern können.
  • Symptome: Fremdkörpergefühl im Bereich der Scheide, Druckgefühl im Unterbauch, unspezifische Schmerzen, vermehrter Harndrang, Blaseninfektionen, Harnverlust, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.
  • Diagnose: Das Patientengespräch ermöglicht häufig eine Verdachtsdiagnose, die durch eine gynäkologische Untersuchung, eine Uroflowmetrie und eine Ultraschalluntersuchung untermauert werden kann.
  • Behandlung: Beckenbodengymnastik kann bei Bindegewebsschwäche oder nach einer Geburt helfen, die Gabe von Östrogen in den Wechseljahren. In schweren Fällen ist eine OP notwendig.

Artikelübersicht

Störungen der Blasenfunktion gehören zu den häufigsten Erkrankungen des Harntrakts. Jede vierte Frau in Deutschland ist oder war davon betroffen.

Die Blasensenkung (Zystozele) wird in drei Schweregrade eingeteilt. Während bei Grad I nur geringe oder keine Beschwerden vorliegen, können bei Grad III gravierende Symptome und Folgeerkrankungen auftreten. Die Harnentleerung kann gestört sein, so dass die Blase nie vollständig entleert wird. Das ist eine Folge der Senkung, die zu einem Abklemmen der Harnröhre führen kann. Zudem tritt auch häufig eine Inkontinenz auf.

In jedem Fall ist eine Abklärung durch einen

empfehlenswert, denn eine Blasensenkung kann gut behandelt werden.

Wie entsteht eine Blasensenkung?

Der Beckenboden hat die Aufgabe, die Blase und weitere Organe zu stützen und in ihrer vorgesehenen Position zu halten. Der Beckenboden besteht aus Muskel- und Bindegewebe und schließt den Beckenraum nach unten ab.

Bei der Frau liegen außer der Blase und dem Enddarm noch

im kleinen Becken, beim Mann die Prostata.

Durch Schwangerschaften und Geburten wird der Beckenboden gedehnt und ist damit einer massiven Belastung ausgesetzt. Werden Haltestrukturen bei der Geburt geschädigt oder kommt es zu einer raschen Schwangerschaftsfolge, hat der Beckenboden nicht ausreichend Zeit zur Reneration. Erschlafft der Beckenboden, senkt sich die Blase.

In vielen Fällen kommt es auch zu einer Gebärmuttersenkung und einer Senkung des Enddarms.

Auch kleine Verletzungen während der Geburt beeinträchtigen die Funktion des Beckenbodens. Daher sind Frauen wesentlich häufiger betroffen als Männer.

Neben Geburten gibt es aber auch eine angeborene Bindegewebsschwäche. In solchen Fällen kann der Beckenboden seine Halte- und Stützfunktion nicht vollständig erfüllen. Eine Senkung der Harnblase kann dann schon in jüngeren Jahren auftreten.

Auch hormonelle Veränderungen nach den Wechseljahren ist eine möglich Ursache für eine Blasensenkung. Weiterhin spielen

  • Übergewicht,
  • eine permanente körperliche Belastung und
  • das Heben schwerer Lasten

eine Rolle bei der Entstehung einer Harnblasensenkung.

Blasensenkung
Bei einer Blasensenkung (Zystozele) verlagert sich die Harnblase nach unten © bilderzwerg | AdobeStock

Welche Symptome treten bei einer Blasensenkung auf?

Im Anfangsstadium verläuft eine Blasensenkung häufig symptomlos. Sie wird zuweilen als Zufallsbefund bei einer gynäkologischen Untersuchung entdeckt.

Symptome, die auf eine Blasensenkung hindeuten, sind

  • ein Fremdkörpergefühl im Bereich der Scheide,
  • ein Druckgefühl im Unterbauch und Schmerzen, die zunächst unspezifisch sind,
  • vermehrter Harndrang,
  • Blasenentleerungsstörungen bis hin zum Harnverhalt,
  • unwillkürlicher Harnverlust,
  • Infektionen der Harnblase,
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie).

Wie wird eine Blasensenkung diagnostiziert?

Um eine Diagnose zu stellen, benötigt der Arzt zunächst eine detaillierte Anamnese. Er befragt seine Patientin ausführlich

  • zum Beschwerdebild,
  • zur körperlichen Tätigkeit,
  • zu Anzahl und Verlauf der Geburten und
  • zum Miktionsverhalten (Wasserlassen).

Das Miktionsverhalten gibt Auskunft über die tägliche Harnmenge und die Häufigkeit der Ausscheidung. Eine wichtige Frage betrifft auch das nächtliche Wasserlassen (Nykturie).

Nach diesem ausführlichen Gespräch folgt eine gynäkologische Untersuchung. Eine Uroflowmetrie gibt Auskunft über die Funktion der Blase. Dabei wird der Harnfluss gemessen, um festzustellen, ob eine Entleerungsstörung der Blase vorliegt. Danach beurteilt der Arzt

  • die Blase,
  • die Nieren und
  • die benachbarten Organe

mit Ultraschall. So kann er feststellen, ob sich die Blase vollständig entleert hat. In einigen Fällen ist eine Blasenspiegelung nötig, um das Innere des Organs genau zu untersuchen.

Wie wird eine Blasensenkung behandelt?

Die Therapie richtet sich nach der Schwere und vor allem nach der Ursache der Erkrankung.

Eine gezielte Beckenbodengymnastik kann ausreichen, vor allem bei

  • einer Bindegewebsschwäche
  • oder eine Schwächung des Beckenbodens nach einer Geburt.

Unter der Anleitung eines Physiotherapeuten werden die Muskeln des Beckenbodens gestärkt. Ein langfristiges regelmäßiges Training kann eine Blasensenkung stabilisieren und eine Harninkontinenz verhindern. Zur Unterstützung des Muskeltrainings empfiehlt der Arzt manchmal eine Therapie mit Reizstrom.

Sind hormonelle Umstellungen während der Wechseljahre die Ursache, verordnet der Arzt eine Hormoncreme oder östrogenhaltige Vaginalzäpfchen. Ein Pessar aus Kunststoff hält die Blase zwar an ihrem Platz, eignet sich aber nicht als Dauerlösung.

Ist die Blase schon sehr weit vorgefallen, kann nur eine Operation helfen. Diese kann minimal-invasiv von der Scheide (vaginal) oder vom Bauchraum aus vorgenommen werden.

Reicht das körpereigene Gewebe für die operative Korrektur nicht aus, kann ein Netz eingesetzt werden. Der Einsatz von Kunststoffnetzen ist jedoch umstritten. Daher wird seit einiger Zeit stattdessen Sehnengewebe aus dem Oberschenkel verwendet.

Die beste Vorbeugung gegen eine Zystozele ist

  • eine gesunde Lebensweise,
  • sportliche Betätigung und
  • ein normales Körpergewicht.

Das zögert eine Blasensenkung hinaus oder kann sie sogar verhindern.

Quellen

  • Lamblin G, Delorme E, Cosson M, Rubod C. Cystocele and functional anatomy of the pelvic floor: review and update of the various theories. Int Urogynecol J. 2016 Sep;27(9):1297-305. doi: 10.1007/s00192-015-2832-4. Epub 2015 Sep 4. PMID: 26337427.
  • Iglesia CB, Smithling KR. Pelvic Organ Prolapse. Am Fam Physician. 2017 Aug 1;96(3):179-185. PMID: 28762694.
  • Bu L, Yang D, Nie F, Li Q, Wang YF. Correlation of the type and degree of cystocele with stress urinary incontinence by transperineal ultrasound. J Med Ultrason (2001).
    2020 Jan;47(1):123-130. doi: 10.1007/s10396-019-00972-0. Epub 2019 Sep 6. PMID: 31493276.
  • Stewart JR, Hamner JJ, Heit MH. Thirty Years of Cystocele/Rectocele Repair in the United States. Female Pelvic Med Reconstr Surg. 2016 Jul-Aug;22(4):243-7. doi: 10.1097/SPV.0000000000000240. PMID: 26825407.
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