Kinderurologie - Informationen und spezialisierte Kinderurologen

Der Fachbereich Kinderurologie wird auch als pädiatrische Urologie bezeichnet. Kinderurologen beschäftigen sich mit der Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen des Urogenitaltraktes. Sie sind für Mädchen und Jungen zuständig bis zum Alter der Volljährigkeit (Kinder- und Jugendurologie). Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Kinderurologen und Kinderurologie-Zentren.

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Kinderurologie - Weitere Informationen

Welche Krankheiten behandelt ein Kinderurologe?

Der Fachbereich Kinderurologie beschäftigt sich mit Diagnostik, Behandlung und Management der im Säuglings- und Kindesalter auftretenden

  • Erkrankungen,
  • Verletzungen,
  • Funktionsstörungen sowie
  • der angeborenen Fehlbildungen

des Urogenitaltrakts. Zum Urogenitaltrakt gehören

  • Harnröhre,
  • Harnblase,
  • Harnleiter und
  • Nierenbecken sowie
  • die äußeren und inneren Geschlechtsorgane.

Der Harnwegstrakt beim Kind
Die Lage der Nieren und der Harnblase beim Kind © SciePro | AdobeStock

Am häufigsten behandeln Kinderurologen bei Kindern Vorhautverengungen des Penis (Phimosen) sowie Probleme mit der Blasenkontrolle (Miktionsstörungen).

Auch angeborene Fehlbildungen der Harnröhre oder Harnleiter gehören zu den häufig behandelten Erkrankungen. Heute lassen sich solche Fehlbildungen oft bereits bei Ultraschall-Routineuntersuchungen während der Schwangerschaft feststellen.

Darüber hinaus beschäftigt sich die pädiatrische Urologie mit zahlreichen weiteren, meist selteneren urologischen Erkrankungen und Fehlbildungen sowie Verletzungen der ableitenden Harnwege und der inneren und äusseren Genitale. Meist sind Verkehrs- sowie Sport- und Freizeitunfälle Ursache von Verletzungen.

Die folgende Auflistung gibt eine grobe Übersicht über das Leistungsspektrum eines Kinderurologen. Im Bereich der Harnwege ist dies zum Beispiel die Diagnostik und Behandlung folgender Erkrankungen:

  • Enuresis (anhaltend nachts und/oder tagsüber auftretendes Einnässen)
  • schwere oder chronische Harnwegsinfekte
  • Harntransport- und Blasenentleerungsstörungen
  • Steinerkrankungen der Harnwege (Harnsteine)
  • seltener Fehlbildungen der Harnblase, zum Beispiel Blasenekstrophie (nach aussen offene Harnblase)
  • Tumoren des Urogenitalsystems, zum Beispiel Wilms-Tumor (ein im Kleinkindalter auftretender seltener Nierentumor)
  • Erkrankungen der Niere, wie Hydronephrose (Wassersackniere)

Zu den Harntransport- und Blasenentleerungsstörungen zählen beispielsweise

  • Erweiterungen oder Verengungen (Stenosen) von Harnröhre und Harnleitern (wie Megaureter, Harnleiterabgangsenge),
  • Harnröhrenklappenerkrankung,
  • Verlagerung der Harnröhrenöffnung nach unten (Hypospadie) oder nach oben (Epispadie),
  • vesikoureteraler Reflux (Zurückfließen von Urin in die Harnleiter und/oder Urin sowie
  • eine neurogene Blase

Im Bereich der Geschlechtsorgane ist dies zum Beispiel die Diagnostik und Behandlung

  • von Vorhautverengungen (Phimosen)
  • von Hodenhochstand (Kryptorchismus) und Leistenbrüchen
  • von Hydrozele (Wasserbruch, Ansammlung von Flüssigkeit im Hodensack) und Varikozele (Hodenkrampfader, Krampfaderbruch)
  • des akuten Skrotums (Schmerzen im Hodensack)
  • verklebter Schamlippen (Labiensynechie)
  • von Erkrankungen der äusseren Geschlechtsorgane
  • Uneindeutigkeiten des körperlichen Geschlechts (sog. Dysorder of Sex Development (DSD), früher Intersexualität genannt)

Diagnostik in der Kinderurologie

Das Anamnesegespräch führt der Arzt aufgrund des jungen Alters des Kindes meistens mit den Eltern. Er erfragt dabei die Symptome, etwa Schmerzen, Fieber oder Beschwerden beim Harnlassen.

Danach erfolgt eine ausführliche körperliche Untersuchung. Der Kinderurologe wird die Untersuchung behutsam und vertrauensvoll durchführen, wobei ein etwaiges Schamgefühl berücksichtigt wird. Kleine Kinder können dabei gegebenenfalls im Arm oder auf dem Schoß der Eltern gehalten werden.

Kind beim Kinderarzt
Kinderurologen gehen behutsam mit Ängsten und Scham ihrer kleinen Patienten um © gpointstudio | AdobeStock

Zur körperlichen Untersuchung gehören

  • das Abtasten des Bauchraums,
  • die Beurteilung des Genitals sowie
  • die Bestimmung von Herzfrequenz und Blutdruck.

Im Rahmen der Labordiagnostik werden gelegentlich der Urin, vor allem bei Verdacht auf einen Harnwegsinfekt, und das Blut untersucht.

Ultraschall als wichtigste Diagnostik

Mittels bildgebender Verfahren kann der Kinderurologe urologische Erkrankungen und Fehlbildungen beurteilen.

An erster Stelle steht hier die Ultraschalldiagnostik (Sonographie), mit der sich innere Organe und die Harnwege unkompliziert untersuchen lassen. Ultraschall verursacht keine Strahlenbelastung. Dabei kommt modernste Technik zum Einsatz, etwa

  • hochauflösender Ultraschall,
  • farbkodierte Duplexsonographie (zur Bestimmung der Flussrichtung des Blutes) oder
  • dreidimensionale Sonographie

Damit lassen sich nicht nur anatomische Veränderungen, sondern auch Funktionsstörungen erkennen. Ein Großteil der kinderurologischen Krankheitsbilder lässt sich mit einer Ultraschalluntersuchung diagnostizieren.

Weitere bildgebende Verfahren

Im Gegensatz zu Erwachsen haben Kinder eine zehnfach höhere Strahlensensibilität. Damit besteht auch ein deutlich höheres Risiko, einen sogenannten strahleninduzierten Tumor zu entwickeln. Deswegen spielt die mit einer hohen Strahlenbelastung einhergehende Computertomographie (CT) nur eine untergeordnete Rolle in der Kinderurologie.

Dagegen hat sich die Magnetresonanzurographie (MRU), ein spezielles Verfahren der Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspin), als nicht strahlenbelastende Methode etabliert. Mithilfe eines starken Magnetfeldes werden ebenfalls hochaufgelöste Schnittbilder erzeugt, anhand derer sowohl die Anatomie des gesamten Urogenitaltrakts als auch die Nierenfunktion beurteilt werden können.

Trotz einer gewissen Strahlenbelastung gilt die Miktionszysturethrographie (MCU) aufgrund ihrer hohen Aussagekraft hinsichtlich Anatomie und Funktion nach wie vor zu den wichtigsten Untersuchungen in der Kinderurologie.

Bei dieser Untersuchung wird die Harnblase entweder über einen durch die Harnröhre vorgeschobenen Blasenkatheter oder durch Punktion der Harnblase durch die Haut mit Kontrastmittel gefüllt und anschließend Röntgenaufnahmen gemacht.

Darüber hinaus gibt es weitere bildgebende Verfahren, die bei speziellen Fragestellungen zum Einsatz kommen können, wie beispielsweise

  • die Pyelographie (Darstellung bestimmter Bereich des Nierenbeckens),
  • die Laparoskopie (Bauchspiegelung) oder 
  • szintigraphische Methoden (Verwendung von radioaktiv markierten Substanzen zur Funktionsdarstellung der Nieren).

Die Blasenspiegelung

Eine weitere, relativ häufig durchgeführte urologische Untersuchung ist die Blasenspiegelung (Zystoskopie). Mittels einer über die Harnröhre vorgeschobenen winzigen Videooptik kann der Kinderurologe das Innere von Harnröhre und Harnblase beurteilen. Im Rahmen der Blasendruckmessung (Urodynamik) kann über Drucksonden und Elektroden die Funktionsweise der Harnblase untersucht werden.

Unangenehm empfundene Untersuchungen, oder solche, für die die kleinen Patienten relativ lange ruhig liegen müssen, werden in der Regel in einer kurzen Narkose durchgeführt.

Behandlungsmethoden

Häufig greifen Kinderurologen auf konservative Behandlungen zurück. Dabei kommen innerlich oder äußerlich angewendete Arzneimittel zum Einsatz. 

Auch chirurgische Eingriffe werden in der Kinderurologie oft angewendet, um Erkrankungen oder Fehlbildungen zu behandeln. Die Komplexität umfasst routinemäßige bis hin zu recht filigranen bzw. hoch spezialisierten chirurgischen Eingriffen.

  • Vorhautverengungen,
  • Hodenhochstand,
  • Blockaden des Harnflusses und
  • andere korrekturbedürftige angeborene Fehlbildungen

werden in der Regel in den ersten Lebensjahren operiert. Viele Eingriffe führt der Kinderurologe standardmäßig minimal-invasiv (sogenannte Schlüssellochchirurgie) über eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) bzw. Blasenspiegelung durch. Dabei entstehen keine oder nur sehr kleine sichtbare Narben entstehen.

Die meisten der im Kindesalter auftretenden urologische Erkrankungen und Fehlbildungen sind mit Routineeingriffen bzw. vielfach erprobten konservativen Therapien zu behandeln. Oft „wachsen“ sich Phimosen, Harntransportstörungen und andere Störungen sogar ganz ohne Behandlung aus. Ob beobachtendes Abwarten eine sinnvolle Strategie ist, kann jedoch nur der Kinderurologe entscheiden.

Kind mit eingenässter Hose
Kinderurologen behandeln unter anderem Blasenentleerungsstörungen © Tomsickova | AdobeStock

Kinder mit seltenen und komplizierteren Störungen des Urogenitaltrakts sind in den kinderurologischen Zentren der großen Krankenhäuser am besten aufgehoben.

Die hier tätigen Spezialisten arbeiten bei Bedarf eng mit

  • Kindernephrologen (bei Nierenproblemen),
  • Kinderneurologen (zum Beispiel bei neurologisch bedingten Blasenfunktionsstörungen),
  • Kinderonkologen (bei Tumorerkrankungen) und
  • Kinderendokrinologen (zum Beispiel bei Störungen der Sexualentwicklung (DSD))

zusammen.

Welche Ausbildung hat ein Kinderurologe?

Ein Kinderurologe verfügt über eine Facharztausbildung in Kinderchirurgie oder Urologie. Er hat in der Regel zusätzlich eine entsprechende Weiterbildung absolviert. Auf europäischer Ebene gibt es eine offizielle Zusatzbezeichnung dieser speziellen Ausbildung (Fellow of the European Academy of Peadiatric Urology (FEAPU)).

In Deutschland arbeiten spezialisierte Kinderurologen an den Zentren für pädiatrische Urologie der großen Krankenhäuser. Darüber hinaus bieten viele urologische Praxen kinderurologische Sprechstunden an. Auch niedergelassene Kinderchirurgen führen mitunter Operationen am Urogenitaltrakt durch.

Quellen

Quellen:

  • Bundesärztekammer (2013) (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 in der Fassung vom 28.06.2013. https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/20130628-MWBO_V6.pdf
  • European Society for Paediatric Urology, European Association of Urology (2016) Paediatric Urology. Guideline. https://uroweb.org/guideline/paediatric-urology/#3
  • Oswald J., Becker T. (2014) Spezifische Diagnostik in der Kinderurologie. In: Michel M., Thüroff J., Janetschek G., Wirth M. (eds) Die Urologie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin
  • Oswald J für den Arbeitskreis Kinderurologie ÖGU (2016) Leitlinien Kinderurologie. vermed, Graz. https://www.uro.at/images/uro/downloads/Leitlinien_Kinderurologie_2016.pdf
  • Radmayr C. (2014) Kinderurologische Notfälle / Traumatologie. In: Michel M., Thüroff J., Janetschek G., Wirth M. (eds) Die Urologie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin
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