Schmerztherapie: Informationen & Schmerzspezialisten

Unter Schmerztherapie versteht man alle therapeutischen Maßnahmen, die zur Reduktion von Schmerzen beitragen. Vor allem Patienten mit chronischen Schmerzen, sind in ihrem Lebensalltag stark eingeschränkt und bedürfen einer professionellen Behandlung durch Schmerzspezialisten.

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Schmerzspezialisten.

Empfohlene Schmerzspezialisten

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Schmerztherapie - Weitere Informationen

Wann ist eine Schmerztherapie sinnvoll?

Eine gezielte Schmerztherapie ist immer dann sinnvoll, wenn ein Schmerzgeschehen länger als 6 Monate andauert. Durchschnittlich vergehen jedoch 8 Jahre, bis sich Schmerzpatienten in eine professionelle Schmerztherapie an einer spezialisierten Schmerzeinrichtung begeben.

Was ist Schmerz?

Schmerz ist ein natürlicher Schutzmechanismus des Körpers, der normalerweise auf

  • eine Verletzung,
  • Entzündung oder
  • Überlastung

hinweist. Man unterscheidet zwischen akutem und chronischem Schmerz.

Akuter Schmerz

Akuter Schmerz entsteht, wenn durch eine Gewebsschädigung ein bestimmter Schwellenwert überschritten wird. Auslöser können

  • mechanische,
  • chemische,
  • thermische oder
  • elektrische Reize

sein. Bestimmte Nervenrezeptoren (Nozizeptoren) leiten den Reiz weiter an das Rückenmark. Durch die Dicke der genutzten Nervenbahnen resultieren deren Geschwindigkeiten. So lassen sich zwei Arten der Schmerzweiterleitung von der Schmerzquelle zum Rückenmark unterscheiden:

  • dünne C-Bahnen: 1,5 Meter pro Sekunde
  • schnellere A-bahnen: 15 Meter pro Sekunde

Letztere lösen eine Reflexreaktion aus, wie das Wegziehen eines Körperteils von der Gefahrenquelle.

Das Rückenmark leitet den Schmerzimpuls weiter an das Gehirn. Das Gehirn bewertet nun blitzschnell, wo und wie intensiv das Schmerzgeschehen auftritt und leitet ggf. körperliche Gegenmaßnahmen ein. Durch die Ausschüttung von Endorphinen kann es beispielsweise das Schmerzempfinden zunächst hemmen.

Das lässt sich etwa bei Unfällen, beobachten. Der Körper bleibt dadurch leistungsfähig und kann bei anhaltender Gefahr besonnen reagieren. Der Schmerz macht sich in diesem Fall erst dann bemerkbar, wenn der Körper zur Ruhe kommt.

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Chronischer Schmerz

Von chronischem Schmerz spricht man, wenn ein Schmerzgeschehen länger als sechs Monate besteht. Die Schmerzempfindung hat dann nichts mehr mit der ursächlichen Verletzung oder Entzündung zu tun. Deswegen kann chronischer Schmerz als eigenständiges Krankheitsbild gewertet werden.

Wie genau chronischer Schmerz entsteht, ist bisher noch nicht endgültig wissenschaftlich belegt. Man geht aber davon aus, dass es sich dabei um neuroanatomische Umbauvorgänge handelt. Das Gehirn entwickelt ein sogenanntes „Schmerzgedächtnis“, sodass schon ein sehr geringer Reiz eine erneute Schmerzreaktion auslösen kann.

Hier setzen moderne Schmerztherapieverfahren wie Relearning und die Verhaltenstherapie an.

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Welche Schmerzformen werden in der Schmerztherapie behandelt?

In der Schmerztherapie werden alle Formen von chronischen Schmerzen bei Kindern und Erwachsenen behandelt. Diese sind vor allem:

Behandlungskonzepte in der Schmerztherapie

In der Schmerztherapie unterscheidet man folgende Therapieformen:

Medikamentöse Schmerztherapie

Schmerzmittel sind mit Abstand die meist verordneten Medikamente in Deutschland. Man unterscheidet zwischen stark, schwach und mittelstark wirksamen Schmerzmedikamenten.

Die medikamentöse Schmerztherapie richtet sich nach dem von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) entwickelten Stufenplan. Zunächst wird die Schmerztherapie mit Medikamenten der Stufe 1 begonnen und kann bei Bedarf bis zur Stufe 3 erweitert werden.

  • Stufe 1: Nicht-opioides Analgetikum (Nichtsteroidales Antirheumatikum, Metamizol, Paracetamol)
  • Stufe 2: Schwaches Opioid, ggf. in Kombination mit Medikamenten der Stufe 1
  • Stufe 3: Starkes Opioid, ggf. in Kombination mit Medikamenten der Stufe 1

Neben den Schmerzmitteln können auch sogenannte Adjuvanzien wie 

  • Antidepressiva,
  • Neuroleptika und
  • Antikonvulsiva

eingesetzt werden. Diese sollen die Schmerztherapie unterstützen und die psychische Situation des Schmerzpatienten positiv beeinflussen oder z.B. Muskelverspannungen lösen.

Bei einem Versagen der medikamentösen Schmerztherapie können chirurgische Maßnahmen (Stufe 4) zur Anwendung kommen.

Neuromodulation und Neurostimulation in der Schmerztherapie

Das Neuromodulations-Verfahren ein wichtiger Schritt zur Schmerzlinderung sein, wenn

  • die 3 Stufen der medikamentösen Schmerztherapie nicht wirken, oder
  • die Nebenwirkungen aufgrund hoher Arzneimitteldosierungen zu stark sind.

Dabei werden schmerzlindernde Medikamente direkt an der schmerzverursachenden Stelle über eine fest implantierte Schmerzpumpe verabreicht. Die Wirkstoffe werden direkt im Rückenmarksbereich freigesetzt, daher heißt diese Therapie auch intrathekale Neuromodulation (intrathekal = im Liquorraum, also in der Flüssigkeit um das Rückenmark herum).

Die Neurostimulation ist eine Therapie von starken Schmerzen mithilfe von elektrischen Impulsen. Elektroden senden diese schwachen Impulse am Schmerzort aus und überlagern das Schmerzempfinden.

In der Probephase sind diese Elektroden auf der Haut platziert, bei Therapieerfolg wird ein Elektrodensystem direkt implantiert.

Physiotherapeutische Schmerztherapie

Bei vielen chronischen Schmerzformen wirkt sich Bewegung positiv auf die Schmerzempfindung aus. So werden häufig Ausdauersportarten wie

  • Wandern,
  • Walken,
  • Schwimmen oder
  • Radfahren

in der Schmerztherapie bei Rücken- und Gelenkschmerzen empfohlen.

Aber auch ein leichtes Gerätetraining unter physiotherapeutischer Anleitung und das Erlernen von alternativen Bewegungsabläufen, wie z.B. in der Rückenschule, können sich schmerzlindernd auswirken.

Wichtig ist bei aller notwendigen körperlichen Betätigung, es nicht zu übertreiben.

Physikalische Schmerztherapie

Positive Auswirkungen auf die Schmerzempfindung haben auch

  • Massagen,
  • Wärme oder
  • Kälteanwendungen sowie
  • Elektrotherapie (TENS).

So bewirken Massagen und Wärme eine Entspannung der Muskulatur. Kälte sorgt für eine Minderdurchblutung des Gewebes und kann so auch schmerzlindernd wirken.

Elektrotherpie an der Lendenwirbelsäule
Elektrische Reize helfen, Muskeln zu entspannen und Schmerz zu lindern © Microgen | AdobeStock

Bei der Elektrotherapie werden die Muskeln durch elektrische Reize stimuliert. Dies sorgt für eine verbesserte Durchblutung und Entspannung der Muskulatur. Auch die Reizschwelle der Nervenrezeptoren wird durch Stimulation unempfindlicher und es werden körpereigene Endorphine ausgeschüttet.

Akupunktur

Die Akupunktur ist ein Teilgebiet der chinesischen Medizin. Bei diesem Verfahren werden dünne Nadeln an bestimmten Punkten (Akupunkturpunkte) der Haut gesetzt.

Bei bestimmten Schmerzformen wie

  • Kopfschmerzen,
  • Rheuma und
  • Arthrose

kann sich Akupunktur positiv auf die Schmerzempfindung auswirken. Sie werden teilweise auch von Krankenkassen übernommen.

Psychotherapeutische Schmerztherapie

Schmerz stellt eine hohe psychische Belastung für den Schmerzpatienten dar. Das stark unangenehme Gefühl führt fast zwangsläufig zu einer permanenten gedanklichen Beschäftigung rund um das Thema Schmerz. Dieser Umstand bedingt weitere psychische Probleme wie Angst vor dem Schmerz (Schmerzangst) und Depressionen.

Etwa 5 bis 14% der Patienten mit chronischen Schmerzen begehen im Laufe ihres Lebens Selbstmord. Des Weiteren verstärken negative Gefühle die innere Anspannung, was wiederum den Schmerz verstärkt.

Um diesen Kreislauf aus Schmerz, Angst und Depression zu unterbrechen, ist eine psychische Betreuung in der Schmerztherapie dringend zu empfehlen.

Vor allem verhaltenstherapeutische Maßnahmen wie

  • kognitive Therapie,
  • Aufmerksamkeitsablenkungen,
  • Selbstfürsorge und
  • Entspannungsübungen (z.B. Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training)

sind Teil der psychotherapeutischen Schmerztherapie.

Individuelle Therapieformen

Auch in der Schmerztherapie geht der Trend zu einer individuellen Behandlung eines jeden Patienten. Die Mediziner verfolgen dabei den Ansatz, verschiedene Konzepte anzuwenden. So können sie dem Patienten mit seinem individuellen Krankheitsbild helfen.

Bei der multimodalen Schmerztherapie (MMS) arbeiten 

  • Ärzte,
  • Physiotherapeuten,
  • Pflegepersonal und
  • Psychologen

verschiedener Fachdisziplinen Hand in Hand nach einem festgelegten Behandlungsplan. Der Therapieverlauf wird in interdisziplinären Teamsitzungen regelmäßig besprochen und gegebenenfalls angepasst.

Die Interventionelle Schmerztherapie (Nano-Endotherapie) ist das Fachgebiet von Radiologen. Im Mittelpunkt steht hier der Patient und seine speziellen Schmerzen, sowie die Zusammenarbeit mit den Hausärzten und Fachärzten anderer Bereiche, wie etwa aus

  • Zahnmedizin,
  • Psychologie,
  • Physiotherapie und
  • Osteopathie.

In der Interventionellen Schmerztherapie fließen Erfahrungen höchst unterschiedlicher medizinischer Bereiche zusammen. So entsteht ein Therapiekonzept, das sich aller Methoden zwischen endoskopischen High-Tech-Instrumenten und naturheilkundlichen Anwendungen bedient. 

Die Endoskopie ist ein minimal-invasives chirurgisches Verfahren. Es ermöglicht dem Arzt die Untersuchung und Beurteilung von Organen und Gewebebereichen direkt innerhalb des Körpers.

Gleichzeitig kann der Arzt dabei bereits Schritte zur Heilung einleiten. Über das Endoskop oder den Katheter kann er mit winzigen Instrumenten Störungen beheben oder Medikamente präzise direkt ins Ziel applizieren.

Diese Instrumente werden immer weiter miniaturisiert und sind häufig mit Nanomaterialien beschichtet. Dadurch können sie etwa entzündungshemmend wirken. Auf diese Weise lassen sich viele chronische Schmerzen heilen, ohne dem Körper eine größere Operation oder viele belastende Diagnosedurchläufe zumuten zu müssen.

Die Interventionelle Schmerztherapie arbeitet somit nach dem Prinzip ""weniger ist mehr"".

Zur Anwendung kommt die Interventionelle Schmerztherapie bei sehr vielfältigen Problemstellungen, darunter etwa

  • Rückenschmerzen und Erkrankungen der Wirbelsäule,
  • Taubheits- und Kribbelgefühlen in den Extremitäten und
  • zur Abklärung bei unklaren Brustschmerzen.

Neurochirurgische Schmerztherapie

Die neurochirurgische Schmerztherapie stellt sozusagen den letzten Ausweg für Schmerzpatienten dar. Sie kommt zum Einsatz, wenn keine der oben genannten Schmerztherapieformen Besserung bringt.

Die neurochirurgischen Schmerztherapie hat die chirurgische Trennung von Nervenbahnen zur Unterbrechung der Schmerzweiterleitung an das Gehirn zum Ziel. Angewendet wird sie zum Beispiel bei einer Trigeminusneuralgie.

Ziele der Schmerztherapie

Ziel jeder Schmerztherapie ist es, einen Schmerzzustand zu erreichen, mit dem der Schmerzpatient gut leben kann. Schmerzfreiheit ohne medikamentöse Substitution ist zwar anzustreben, aber nicht immer erreichbar. Wichtig ist die „Schmerzemanzipation“.

Neben der medikamentösen Schmerzbekämpfung steht auch die Anleitung zu mehr Lebensfreude im Mittelpunkt der Therapie.

Wichtig ist dabei die aktive Mitarbeit des Patienten. Der Kreislauf von gesteigerter Aufmerksamkeit gegenüber dem Schmerz und sozialem Rückzug kann nur mit einer Verhaltensänderung des Patienten erreicht werden.

Mehr soziale, kulturelle und körperliche Aktivitäten, ohne sich zu überfordern, sowie Steigerung der Entspannungsfähigkeit wirken sich bei allen chronische Patienten positiv aus. Das Leben genießen und positiv in die Zukunft schauen trotz chronischer Schmerzerkrankung ist das Ziel der Schmerztherapie.

Quellen

  • S1-Leitlinie "Chronischer Schmerz" der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/053-036l_S1_Chronischer_Schmerz_2013-10-abgelaufen.pdf
  • S2k-Leitlinie "Schmerzen" der Deutschen Gesellschaft für Neurologie: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-114l_S2k_Diagnose-nicht-interventionelle-Therapie-neuropathischer-Schmerzen_2019-09.pdf
  • S3-Leitlinie "Epidurale Rückenmarkstimulation" der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie e.V.: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/041-002k_S3_Epidurale_R%C3%BCckenmarkstimulation_2013-07_abgelaufen.pdf
  • Deutsche Gesellschaft für Neuromodulation e.V. zur Neurostimulation: http://www.dgnm-online.de/patienteninfos/informationen-neurostimulation.php
  • Deutsche Gesellschaft für Neuromodulation e.V. zur intrathekalen Pharmakotherapie: http://www.dgnm-online.de/patienteninfos/informationen-pharmakotherapie.php
  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN): www.dgnm-online.de/patienteninfos/informationen.php
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