Prothesenlockerung in der Hüfte | Informationen & Arztsuche

09.07.2021
Dr. Claus  Puhlmann
Medizinischer Fachautor

Auch wenn Hüftprothesen eine Haltbarkeit von 25 Jahren und mehr haben können, ist die Haltbarkeit begrenzt. Im Laufe der Zeit kann es vorkommen, dass die Prothese nicht mehr fest verankert ist. Es kommt also zu einer Hüftprothesenlockerung.

Hier finden Sie alle Informationen sowie ausgewählte Spezialisten für Hüftprothesenlockerungen.

ICD-Codes für diese Krankheit: T84.04

Empfohlene Spezialisten

Artikelübersicht

Definition

In Deutschland wurden 2019 etwa 240.000 künstliche Hüftgelenke (auch Hüftendoprothesen oder Hüft-TEP genannt) implantiert. Mit den heutigen Techniken und Materialien halten diese künstlichen Hüftgelenke meist 25 Jahre und länger. Das bedeutet aber auch, dass die Haltbarkeit von Prothesen der Hüfte begrenzt ist.

So kommt es zum Beispiel aufgrund zunehmenden Abriebs zwischen den am künstlichen Hüftgelenk beteiligten Komponenten zu einer Lockerung des Implantats. Das heißt, die Hüftendprothese ist nicht mehr fest im Knochen verankert. Der Mediziner spricht dann von einer Hüftprothesenlockerung. Lockert sich das Hüftimplantat innerhalb der ersten fünf bis zehn Jahre, handelt es sich um eine Frühlockerung der Hüftgelenkendoprothese.

HüftprotheseEin künstliches Hüftgelenk hält nicht ewig.

Formen

Die Gründe, warum sich ein implantiertes Hüftgelenk lockert, können verschieden sein. Ärzte unterscheiden zwei grundsätzliche Formen der Prothesenlockerung:

  • Bei septischen Hüftprothesenlockerung liegt eine bakterielle Infektion (= septisch) am Ort der Prothese vor.
  • Demgegenüber werden unter den aseptischen Hüftprothesenlockerungen alle Formen von Lockerungen zusammengefasst, bei denen keine bakterielle Infektion (= aseptisch) besteht. Die Ursachen liegen dann im Patienten (zum Beispiel bei starker körperlicher Belastung, starkem Übergewicht) begründet. Aber auch Material und Design der Prothese, Verankerungs- und Operationstechnik können verantwortlich sein.

Symptome

Typisch für eine Hüftendoprothesenlockerung sind Schmerzen. Abhängig vom Ausmaß der Lockerung und der gelockerten Prothesenkomponente treten die Beschwerden an verschiedenen Stellen auf:

  • Für eine beginnende Hüftprothesenlockerung sprechen Schmerzen beim Anlaufen und bei Belastung.
  • Bei einer Schaftlockerung kommt es häufig zu Oberschenkelbeschwerden im Stehen oder im Gehen. Die Schmerzen können auch in das Kniegelenk und das Gesäß ausstrahlen.
  • Schmerzen in der Leiste können einen Hinweis auf eine Pfannenlockerung Lockerungen der Hüftpfanne verursachen aber häufig auch keine und nur geringe Schmerzen.

Weitere Symptome beziehungsweise Hinweise auf eine Lockerung des künstlichen Hüftgelenks sind:

  • Zunehmende Verkürzung der maximalen Gehzeit oder Gehstrecke
  • Unsicherheitsgefühl beim Gehen
  • Sturzneigung
  • Gefühl, das Bein nicht mehr richtig kontrollieren zu können

Verkürzte sich das Bein, liegt vermutlich bereits eine fortgeschrittene Lockerung vor. Dann hat sich die Hüftpfanne aus ihrer ursprünglichen Lage wegbewegt oder es kam im Bereich des Hüftschaftes zu Knocheneinbrüchen.  Dies führte zu einer „Stauchung“ des Beins.

Ist die Ursache der Hüftprothesenlockerung eine bakterielle Infektion, können typische Entzündungs- beziehungsweise Infektionszeichen auftreten:

  • Die Haut oberhalb des Implantats ist gerötet, geschwollen und erwärmt. Dadurch kann die Bewegung im Gelenk gestört und schmerzhaft sein.
  • Fieber mit gegebenenfalls Schüttelfrost.
  • Bei Hüftprothesen, die erst kürzlich implantiert wurden, kann die Narbe auseinanderweichen und Eiter austreten.

Ursachen und Risikofaktoren

Eine bakterielle Infektion kommt als Ursache der Hüftprothesenlockerung eher in ersten Monaten bis Jahren nach der Hüft-OP infrage. Später ist die septische Hüftprothesenlockerung selten. Zu späteren Zeitpunkten dominieren Faktoren wie zum Beispiel

  • Körpergewicht,
  • Belastungen,
  • verwendete Materialien und
  • Operationstechnik

als Ursache einer Prothesenlockerung.

Was sind die Ursachen einer septischen Hüftprothesenlockerung?

Bei etwa einem bis zwei Prozent der Patienten werden im Rahmen der Hüftoperation Bakterien eingeschleppt. Diese siedeln sich um die Prothese an, vermehren sich und bilden so einen Biofilm. Dies wiederum verhindert ein korrektes Einwachsen des Implantats in den Knochen. Eine Lockerung der Hüftprothese ist die Folge.

Alle Vorerkrankungen, Therapien oder Umstände, die mit einer schlechteren Immunabwehr einhergehen, gelten als Risikofaktoren für eine septische Prothesenlockerung. Dies sind zum Beispiel:

BakterienWerden bei der Hüft-OP Bakterien eingeschleppt, kann es einer septischen Hüftprothesenlockerung kommen.

Was sind die Ursachen einer aseptischen Hüftprothesenlockerung?

In einem künstlichen Hüftgelenk sind die einzelnen Komponenten nicht wie in einem gesunden Gelenk durch eine Knorpelschicht vor Verschleiß geschützt. Durch das permanente Gleiten der künstlichen Oberflächen gegeneinander kommt es zu einem Abrieb von Oberflächenmaterial. Die nun im Hüftgelenk befindlichen Partikel führen wiederum direkt oder indirekt über eine Entzündungsreaktion zu einem Knochenabbau. Durch diesen kommt es dann zu einer gelockerten Hüftendoprothese.

Weitere Faktoren, die einen negativen Einfluss auf die Haltbarkeit eine Hüftprothese haben, sind:

  • Materialfehler, wie Risse im Zement oder Ausbrüche an der Prothese
  • Geringe Erfahrung des Operateurs beim Einsetzen des künstlichen Hüftgelenks
  • Operationstechnik
  • Durch Osteoporose oder Knochennekrose vorgeschädigter Knochen
  • Vorerkrankungen (Achsfehlstellungen, Diabetes etc.)
  • Höheres Alter
  • Starkes Übergewicht
  • Traumatische Ereignisse, wie zum Beispiel Unfall oder Sturz

Untersuchung und Diagnose

Im Rahmen der Anamnese, also der Patientenbefragung, stehen die vom Patienten geschilderten Beschwerden sowie die Krankengeschichte im Vordergrund. Dazu gehören zum Beispiel Zeitpunkt der Hüftgelenkersatzoperation, Vorerkrankungen oder traumatische Ereignisse.

Die Art und die Lokalisation des Schmerzes geben einen ersten Hinweis auf eine mögliche Prothesenlockerung.

Der Arzt wird im Rahmen der klinischen Untersuchung versuchen, durch

  • Rütteln,
  • Stauchen oder
  • Rotieren

am Bein beziehungsweise in der Hüfte die Schmerzen auszulösen.

Er wird auch die Beweglichkeit im Hüftgelenk testen und darauf achten, wie Sie gehen und ob Ihr Gangbild normal ist.

Wenn der Verdacht besteht, dass sich die Hüftendoprothese gelockert hat, wird ein Röntgenbild der Hüfte gemacht. Auf diesem wird auch die komplette Endoprothese sichtbar sein. Nicht immer können die Lockerungszeichen einwandfrei im Röntgenbild erkannt werden. Deshalb ist ein Vergleich mit einer Röntgenaufnahme sinnvoll, die unmittelbar nach der Implantation der Hüftprothese angefertigt wurde. In unklaren Fällen oder bei besonderen Fragestellungen kommen häufig

  • szintigrafische Verfahren (Untersuchung mittels radioaktiv markierter Stoffe),
  • gegebenenfalls Sonographie (Ultraschalluntersuchung),
  • MRT (Kernspinuntersuchung) oder
  • CT (Computertomografie)

zum Einsatz.

Bei Verdacht auf eine septische Ursache werden die Entzündungsparameter (Blutsenkungsgeschwindigkeit, Leukozyten, C-reaktives Protein) in einer Blutprobe bestimmt. Zusätzlich wird das Gelenk mit einer langen Hohlnadel punktiert und das Gelenkpunktat anschließend auf Bakterien untersucht.

Allgemeines zur Behandlung

Gelockerte Hüftendoprothesen werden operativ im Rahmen einer sogenannten Wechseloperation zunächst entnommen und durch ein neues künstliches Hüftgelenk ersetzt. Insbesondere Orthopäden und Unfallchirurgien mit umfassender Erfahrung in der Hüftendoprothetik gelten als Experten für Hüftrevisionen (Revisionsoperationen).

Die genaue Vorgehensweise bei einer Wechsel-OP hängt davon ab, ob die Ursache bakteriell oder nicht bakteriell ist.

Bei der aseptischen Prothesenlockerung wird meist in einer einzeitigen Wechseloperation die Hüftendoprothese entnommen (Explantation) und direkt anschließend die neue Endoprothese (Revisionsendoprothese) eingesetzt.

Die meisten septischen Prothesenlockerungen dagegen müssen in einer zweizeitigen Wechseloperation behandelt werden. Dabei wird die Revisionsendoprothese erst nach Entfernung des infizierten Gewebes und antibiotischer Therapie während einer zweiten Operation eingesetzt. Die Sanierung der Knochen und die Antibiotikatherapie können sich über mehrere Wochen hinziehen. Unter Umständen müssen sie wiederholt werden, um die Infektion vollständig zum Stillstand zu bringen.

Verlauf und Prognose

Das Einsetzen der Revisionsendoprothese nach aseptischen Prothesenlockerungen ist im Grunde wie eine normale Hüftendoprothesen-OP anzusehen. Deshalb hängt die Prognose von den bestehenden Risikofaktoren ab. Die Materialeigenschaften heutiger künstlicher Hüftgelenke sind deutlich verbessert geworden. Grundsätzlich kann von einer längeren Haltbarkeit der Hüftendoprothese ausgegangen werden kann als noch vor 20 oder 30 Jahren.

Dagegen ist die Prognose nach operativer Versorgung von septischen Prothesenlockerungen entscheidend vom Verlauf der Infektion abhängig. Dies ist ein langwieriger Prozess, der erneute Operationen und Sanierungen mit sich bringen kann.

Vorbeugung

Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Hüftprothesenlockerung kommt, hängt auch von der Expertise des Operateurs ab. Dies ergab eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK.

Daher sollten Sie bereits Ihr künstliches Hüftgelenk nur von absoluten Spezialisten für hüftendoprothetische Operationen einsetzen lassen. So können Sie schon von Anfang an das Risiko für eine spätere Prothesenlockerung reduzieren.

Wie bereits erwähnt: Starkes Übergewicht ist ein möglicher Risikofaktor dafür, dass sich die Endoprothese lockert. Versuchen Sie daher, eine übermäßige Gewichtszunahme zu vermeiden oder, falls Sie stark übergewichtig sind, Ihr Körpergewicht zu reduzieren. Daneben sollten Sie alle Tätigkeiten und Sportarten, die das Hüftgelenk übermäßig belasten, möglichst meiden.

Quellen

  • Holinka J, Windhager R (2016) Management von Protheseninfektionen. Der Orthopäde 4:359-374
  • Katzer A, Löhr JF (2003) Frühlockerung von Hüftgelenkendoprothesen. Deutsches Ärzteblatt 100(12): A 784- A 790
  • Radtke R (2020) Implantationen künstlicher Hüftgelenke in deutschen Krankenhäusern nach Alter 2019. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/785143/umfrage/implantationen-kuenstlicher-hueftgelenke-in-deutschen-krankenhaeusern-nach-alter/
  • Siegmund-Schultze N (2019) Haltbarkeit von Hüftendoprothesen: Drei Viertel der künstlichen Hüftgelenke halten 15 bis 20 Jahre. Dtsch Arztebl 116(15): A-739 / B-609 / C-598
  • Walter G, Gramlich Y (2019) Periprothetische Infektionen. In: Engelhardt M., Raschke M. (eds) Orthopädie und Unfallchirurgie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-54673-0_18-1
  • Wissenschaftlichen Instituts der AOK (2018) Entwicklung des Leistungsbereichs Hüftprothesenwechsel. Abschlussbericht. Berlin
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