Durch die vaskuläre Chirurgie lassen sich alle Erkrankungen der Blutgefäße von Kopf bis Fuß behandeln. Einzige Ausnahme sind die Herzkranzgefäße und die direkt aus dem Herzen abgehende große Schlagader. Diese beiden Bereiche gehören zum Fachgebiet der Herzchirurgen.
Die Gefäßchirurgie beschäftigt sich mit der Diagnose und Therapie von Erkrankungen des Gefäßsystems @ Christoph Burgstedt /AdobeStock
Häufig behandelte Erkrankungen sind:
- Engstellen der Halsschlagadern, um einen Schlaganfall zu verhindern
- Engstellen der Hauptschlagader und der Becken -und Beinschlagadern
- Schaufensterkrankheit
- Nicht heilende Wunden am Unterschenkel und Fuß
- Plötzliche Verschlüsse von Schlagadern an Armen und Beinen
- Aussackungen der Hauptschlagader (Aortenaneurysma), die zum Teil Rücken -oder Bauchschmerzen verursachen und beim Platzen zum Verblutungstod führen können
- Anlage von Gefäßzugängen zur Blutwäsche (sogenannte Hämodialyse-Shunts)
- Entfernung und Verödung von Krampfadern
Die vaskuläre Chirurgie hat sich seit Mitte bis Ende des letzten Jahrhunderts rasant weiterentwickelt. Dies liegt zum einen an den blutverdünnenden Medikamenten, die seit ca. 1960 zur Verfügung stehen.
Ein weiterer Grund für die Entwicklung ist der immer größer werdende Bedarf, da Blutgefäßerkrankungen immer mehr zunehmen.
Dies ist auch ein Grund, warum immer mehr Kliniken eigenständige Abteilungen für die vaskuläre Chirurgie auf- und ausbauen. In manchen Kliniken ist die Gefäßchirurgie jedoch in andere chirurgische Abteilungen integriert. Meist in der Allgemein- oder Herzchirurgie.
Patienten, die eine vaskuläre Therapie benötigen, haben oft Vorerkrankungen wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Sie leiden oft an einer Zuckerkrankheit oder an Herzschwäche.
Die Therapieverfahren
Vereinfacht gesagt stehen drei Therapieverfahren zur Auswahl:
- Die konservative Therapie:
Hier versuchen Ärzte die Krankheit und die Symptome mit Medikamenten in den Griff zu bekommen.
- Die endovaskuläre Chirurgie:
Hier erfolgt die Versorgung der Blutgefäße von innen. Diese Methode heißt auch „Knopflochtechnik“. Ärzte benötigen bei dieser Vorgehensweise nur kleine Schnitte in der Leiste, um die Gefäße von innen zu behandeln. Ebenfalls möglich ist ein Einstechen in das Leistengefäß.
Diese ist die klassische und älteste Methode. Hier bestehen unterschiedlichste Möglichkeiten, um verengte oder verschlossene Gefäße zu erweitern.
Bei der offenen (operativen) vaskulären Chirurgie legen Ärzte die betroffenen Blutgefäße durch Hautschnitte frei und öffnen sie anschließend.
Danach können sie je nach Situation folgende Methoden anwenden, um die Gefäße zu reparieren:
- Das Ausschälen von Ablagerungen der Gefäßwand und die Einnaht von Erweiterungsstreifen (Thrombendarteriektomie und Patchplastik)
- Die Überbrückung von Engstellen und Verschlüssen durch neu angelegte Umgehungsbahnen (Bypass). Diese Umgehungskreisläufe können aus körpereigenen oberflächlichen Beinvenen oder aus Kunststoffröhren bestehen.
- Das Entfernen von Gefäßaussackungen der Hauptschlagader oder anderer Blutgefäße (zum Beispiel Kniegelenk-Schlagader).
- Einnähen von Kunststoffröhren
- Das Herstellen einer Verbindung zwischen Schlagader und Vene, um einen Zugang für die Hämodialyse herzustellen (Shuntchirurgie). Diese Verbindung erfolgt beim Rechtshänder wenn möglich am linken Arm (beim Linkshänder rechts).
- Das Entfernen von Blutgerinnseln direkt oder mit speziellen Kathetern (Thrombektomie).
- Die Entfernung von Krampfadern (Varizen-Chirurgie)
Die offene-operative Versorgung erfolgt durch Hautschnitte in der Leiste und am Unterschenkel. Über die eröffnete Vene führen Ärzte einen Draht ein, um die Vene an den Mündungsstellen zu verknoten und herauszuziehen. Mündungsstellen sind meist in der Leiste, am Unterschenkel oder auf Höhe des Innenknöchels.
Das Besondere an der endovaskulären Chirurgie ist die Verwendung von Drähten und Kathetern. So können Ärzte alle Gefäße über kleine Zugänge erreichen.
Folgende Methoden und Verfahren stehen zur Verfügung:
Dies kann auch während der Operation zusammen mit der Ausschälung des Blutgefäßes oder der Bypassanlage erfolgen.
Meistens ist es aber eine alleinige Maßnahme. So ist keine Operation notwendig. Das Einführen des Katheters erfolgt über die Leistenschlagader, weil dieses Gefäß oberflächlich liegt und gut erreichbar ist.
Der Eingriff erfolgt unter örtlicher Betäubung. Voraussetzung ist, dass der Patient 1-2 Stunden ruhig liegen bleibt.
Ein Ballon erweitert die verengte Stelle des Gefäßes @ Matthieu /AdobeStock
- Die innere Schienung von Gefäßaussackungen (Aneurysma)
Diese erfolgt meistens im Bereich der großen Brust- oder Bauchschlagader. Auch hier stechen (punktieren) Ärzte die Leistenschlagader an und führen eine Prothese ein.
Diese Prothesen befinden sich in einer kugelschreiber-dicken Hülle, damit Ärzte sie im Gefäß vorschieben können. Wenn die Prothese die Aussackung überbrückt, kann der Arzt die Hülle zurückziehen.
Die Prothese kann sich dann durch die Spannkraft in der Aussackung ausdehnen und verankern.
- Anlegen von Gefäßzugänge für die Dialyse anzulegen
Hier ziehen Ärzte die Schlagader und die Vene innerlich aneinander und verbinden sie durch Hitze miteinander.
Ärzte stechen hier ebenfalls in die Vene ein. Die Hitzeanwendung führt anschließend zu einer Verklebung der Venenwand.
Welche Verfahren besser sind, lässt sich nicht pauschal beantworten. Fest steht, dass die endovaskuläre Chirurgie etliche Vor- und Nachteile liefert.
Die Vorteile der endovaskulären Verfahren sind:
- Kleinere Zugangswege, teilweise ist nicht mal ein Hautschnitt notwendig
- Eingriffe sind ohne Vollnarkose in örtlicher Betäubung möglich
- Meist kürzere Operationszeiten
- Meist kürzere Krankenhausaufenthaltsdauer
Die Nachteile:
- Häufigere Nachkontrollen notwendig
- Nachuntersuchungen gehen meistens mit einer Strahlen- und Kontrastmittelbelastung einher
- Häufiger Reparatureingriffe im Verlauf von Monaten und Jahren notwendig
- Verfahren sind nicht bei allen Gefäßerkrankungen anwendbar